DOSB beugt Fehlstart in Rio vor: «Addiert wird am Ende»
Rio de Janeiro (dpa) – Schon vor den ersten Olympia-Tagen hat die Spitze der deutschen Mannschaft um Nachsicht im Falle eines Fehlstarts geworben.
«Wir gehen mit dem Plan rein, dass wir die Spiele mit Ausdauer und Geduld gestalten wollen. Wir haben 16 Wettkampftage», sagte der Sportchef des Deutschen Olympischen Sportbundes, Dirk Schimmelpfennig, bei der Eröffnungspressekonferenz im Deutschen Haus von Rio de Janeiro.
Die Schmähkritik nach dem enttäuschenden Auftakt vor vier Jahren in London hat er nicht vergessen. «Am Ende wird addiert und analysiert. Man sollte nicht aus der Entwicklung der ersten Tage falsche Schlüsse ziehen», sagte Schimmelpfennig.
2012 waren die DOSB-Asse an den ersten vier Tagen medaillenlos geblieben und Zielscheibe der Kritik geworden: «Totaler Olympia-Fehlstart. Über uns lachen sogar die Kasachen!», lautete damals eine der Schlagzeilen. Nach dem holprigen Start wurden es noch 44 Medaillen – eine Zahl, die auch Maßstab in Rio sein soll.
«Das ist der logische Vergleich und die Zahl, an der wir uns orientieren», erklärte Schimmelpfennig. Von der Themse brachten die Deutschen elf goldene, 19 silberne und 14 bronzene Edelplaketten mit nach Hause und erreichten Platz sechs im Medaillenspiegel.
Allerdings hat DOSB-Präsident Alfons Hörmann die Medaillenzählerei in Zeiten von Dopingskandalen wie in Russland relativiert («Fokus weniger auf Metall») und es als nachrangig bezeichnet, ob es die eine oder andere Edelplakette «mehr oder weniger» würde.
Richtig auf Gegenliebe trifft das bei seinem Sportchef nicht. «Es wird momentan einiges dazu gesagt, wie man mit dieser Medaillenzahl umgehen soll und dass man nicht so viel an Medaillen festmachen sollte», sagte Schimmelpfennig. Wenn man die Rio-Spiele am Ende bewerte, werde man sie mit denen von London vergleichen müssen. «Und da wir uns nicht verschlechtern wollen, orientieren wir uns an dieser Zahl», betonte Schimmelpfennig.
Schon vor der Eröffnungsfeier starten die beiden deutschen Fußball-Auswahlteams ins olympische Turnier. Nach dem offiziellen Olympia-Beginn gehen deutsche Athleten zunächst im Judo, Schießen, Straßenradrennen, Schwimmen, Wasserspringen und Fechten an den Start.
Spekulieren, wer die ersten Medaillen holen könnte, will der DOSB-Sportchef nicht. «Ich will den Athleten, die in Favoritenrollen sind, nicht noch mehr Erwartungshaltung in den Rucksack packen», sagte Schimmelpfennig. Einer der ersten deutschen Athleten, der auf das Siegerpodest klettern könnte, wäre Paul Biedermann.
Der WM-Dritte könnte am Montag über 200 Meter Freistil seine erste Olympia-Medaille gewinnen und den in London medaillenlos gebliebenen Schwimmern Auftrieb geben. «Mir wird man aber keine Medaillenvorgabe entlocken», sagte Biedermann. Insgesamt sollen 423 deutsche Sportler in die 306 Wettbewerbe gehen; 23 weitere Athleten stehen als Ersatz bereit.
Dass noch kurzfristig Startplätze frei werden, weil russische Athleten nach dem Dopingskandal durch die Einzelfall-Prüfung fallen und nicht teilnehmen dürfen, erwartet der DOSB nicht. «Wir gehen davon aus, dass keine weiteren Athleten hinzukommen», sagte Chef de Mission Michael Vesper.
Einen seiner rebellischen Sportler im Team will sich Vesper noch vorknöpfen: Diskus-Olympiasieger Robert Harting. Der Star der deutschen Mannschaft hatte IOC-Präsident Thomas Bach wegen der Entscheidung, Russland nicht komplett von Olympia auszuschließen, hart attackiert. «Es herrscht Meinungsfreiheit. Es gibt keinen Maulkorberlass», betonte Vesper zwar, fügte aber hinzu: «Harting ist für schnelle Sprüche bekannt. Einige haben keine große Halbwertzeit.» Er werde sich in Rio bei einem Glas Wasser mit ihm unterhalten.
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(dpa)