Die wichtigsten Fragen zur Auer Krise

Aue – Pavel Dotchev ist am Dienstag als Trainer des Fußball-Zweitligisten FC Erzgebirge Aue zurückgetreten. Jetzt sucht der abstiegsgefährdete Club einen Nachfolger. Die Deutsche Presse-Agentur beantwortet die wichtigsten Fragen.

WIE KAM ES ZUM RÜCKTRITT?

Auslöser war die 1:4-Pleite im Sachsenderby gegen Dynamo Dresden am Sonntag. Nach dem Spiel sagte Dotchev, dass er die Mannschaft nicht mehr erreicht habe. Für einen Cheftrainer ein heftiges Eingeständnis. Doch bereits vorher hatte es Anzeichen gegeben, dass es zwischen Mannschaft und Coach knirscht. Immer wieder hatte Dotchev Niederlagen auf seine Kappe genommen, um den Druck vom Team zu nehmen. Für ihn selbst war das aber auch jedes Mal ein Eingeständnis von Schwäche.

WIE FÄLLT DAS SPORTLICHE FAZIT AUS?

«Pavel ist für mich ein hervorragender Mensch und ein hervorragender Trainer. Er verlässt den Verein durch die Vordertür», sagte Präsident Helge Leonhardt. Dotchev hat zweifellos große Verdienste um den Verein. «Wir haben bei null angefangen», erinnerte Dotchev an seinen Start im Sommer 2015. Nach dem Abstieg in die 3. Liga standen zwei Spieler unter Vertrag. Dotchev führte nach dem kompletten Neuanfang sein Team überraschend direkt in die 2. Bundesliga zurück. In diese Saison startete Aue ordentlich, geriet nach einigen unglücklichen Spielen und der Verletzung von Kapitän Martin Männel aber in einen Abwärtsstrudel, aus dem Dotchev das Team nicht mehr befreien konnte.

WELCHE FEHLER HAT DOTCHEV GEMACHT?

«Für mich als Trainer war es wichtig, dieser Mannschaft in Liga zwei weiter die Chance und das Vertrauen zu geben», sagte Dotchev am Dienstag. Das erwies sich als Fehler. Die junge und zweifelsohne talentierte Mannschaft war vor allem deshalb aufgestiegen, weil sie sich in der Drittliga-Saison in einen Lauf gespielt hatte. Die Neuzugänge, inklusive des im Winter geholten Albert Bunjaku, konnten das Team nicht entscheidend verstärken. Die Transfer-Entscheidungen waren aber auch dem schmalen Etat der Sachsen geschuldet. Dazu wirkten Dotchevs personelle Entscheidungen zuletzt konfus. Spieler landeten erst auf der Tribüne, dann wieder in der Startelf, um anschließend auf der Bank zu sitzen. Die Maßnahmen verpufften und Dotchev verlor Vertrauen.

WELCHE ROLLE SPIELT DIE VEREINSFÜHRUNG?

«Es gab keinen Plan B, der Plan B wurde zum Plan A, es muss ein neuer Cheftrainer gefunden werden», sagte Präsident Helge Leonhardt. Er hatte stets hinter seinem Aufstiegstrainer gestanden, wäre mit ihm wohl auch wieder zurück in die 3. Liga gegangen. Allerdings schwand Dotchevs Rückhalt im Vorstand, in dem die wichtigsten Sponsoren des Vereins vertreten sind. Die Vereinsführung macht derzeit keine gute Figur. Die Pressekonferenz am Dienstag, in der sich Präsident und Trainer tränenreich für die Kameras verabschiedeten, geriet zur Farce. Denn Fragen der Journalisten wurden nicht zugelassen. Wie genau es weiter gehen soll, blieb unklar. Das Vorgehen wirkt planlos.

WIE GEHT ES WEITER?

Fitnesstrainer Werner Schoupa hat eine Fußballlehrer-Lizenz, kann die Mannschaft also theoretisch übernehmen. Zusammen mit Co-Trainer Robin Lenk leitet er erstmal das Training. Der Verein wird sich aber einen neuen Cheftrainer suchen, der den Absturz verhindern soll, dem im Zweifel aber auch der Neustart in Liga drei zugetraut wird. Diesmal würde der Komplettumbau ausfallen. Die meisten Spieler haben Verträge für die 3. Liga, bis auf einige Leistungsträger würden wohl auch viele Spieler bleiben.

WIE REAGIEREN DIE FANS?

In den sozialen Netzwerken dankten Dotchev viele für seine Arbeit. Kritik wurde eher am Vorstand laut. Zumal die Causa Steffen Ziffert noch immer nicht geklärt ist. Der Ex-Sportdirektor und der Verein liegen in einem juristischen Streit. Findet der Vorstand keinen überzeugenden Dotchev-Nachfolger, ist es mit der Ruhe im «Kumpelverein» wohl vorbei.

WAS WÜRDE EIN ABSTIEG FÜR AUE BEDEUTEN?

Für die Auer wird der Abstiegskampf zur wirtschaftlichen Existenz-Frage. Vor allem die Verteilung der Fernsehgelder spielt eine große Rolle. In dieser Saison erhält Aue rund 5,7 Millionen Euro aus der TV-Rechte-Vermarktung, in der 3. Liga wären es nur rund 750 000 Euro. «Es wäre wirtschaftlich wieder der Umstieg vom ICE mit vorgewärmten Sitzen in den Güterzug mit Stroh», sagte Leonhardt.

Fotocredits: Thomas Eisenhuth
(dpa)

(dpa)
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