Die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland – endlich Geschichte?
/Am vergangenen 8. April erklärte der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für unvereinbar mit der Charta der Europäischen Union. Damit endet zumindest vorerst ein Kapitel, welches die deutsche Netzgemeinde bereits seit 2007 beschäftigt.
Was ist die Vorratsdatenspeicherung?
Der etwas schwammig definierte Begriff bezeichnet die Speicherung von bestimmten Verkehrsdaten aller Internetanschlüsse durch die Provider. Verkehrsdaten sind alle Webseiten, die von einer IP-Adresse aufgerufen werden und die Dauer der Verbindungen. Weiterhin werden alle E-Mail-Verbindungsdaten, sowie Standortdaten und Geräteidentifikationen bei mobilen Geräten erfasst.
Die so gesammelten Daten sollen für einen Zeitraum von mindesten sechs Monaten gespeichert werden und bei Bedarf den Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Durch die Daten lassen sich sehr genaue Protokolle aller Onlinetätigkeiten eines jeden Internetnutzers erstellen. Die Behörden erhoffen sich durch diese Daten eine verbesserte Aufklärungsquote bei der Verbrechensbekämpfung, sowie eine Verhinderung von Terrorakten.
Kritik an der Vorratsdatenspeicherung
Die Kritik an der geplanten Richtlinie kommt fast einstimmig aus den Reihen der Netzpolitiker, Datenschützer und Computerexperten wie z. B. denen des Chaos Computer Clubs. Bemängelt wird vor allem, dass alle Bundesbürger gleichermaßen von der anlasslosen Datensammlung betroffen wären. Dies wäre eine völlig maßlose Aktion, da ja nur ein Bruchteil der Daten je benötigt werden würden. Mehrere Studien belegen auch die geringe Effektivität der Datenspeicherung bei der Verbrechensbekämpfung. Von einer gesteigerten Aufklärungsquote im unteren einstelligen Bereich ist die Rede.
Auch vor dem Hintergrund des NSA-Skandals wurde auf die Gefahr des Missbrauchs der gesammelten Daten hingewiesen. Weiterhin würden sich die Bürger durch die permanente Massenüberwachung so bedroht fühlen, dass sie sich nicht mehr trauen würden, ihre Meinungen frei im Internet zu äußern.
Gesetzeslage in Deutschland
Am 9. November 2007 verabschiedete der Deutsche Bundestag trotz teils massiver öffentlicher Kritik das umstrittene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, nachdem sich dieses bereits seit 2005 in der Diskussion befand.
Als Reaktion darauf reichte der „Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung“ am 31. Dezember 2007 eine Sammel-Verfassungsbeschwerde ein. Am 2. März 2010 schließlich erklärte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz in seiner derzeitigen Form für unvereinbar mit dem Grundgesetz. Das Gesetz wurde bis zu einer geplanten Neufassung ausgesetzt.
Am 16. Juni 2011 leitete die EU-Kommission schließlich ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Nicht-Umsetzung einer EU-Richtlinie ein. Trotz dieses Verfahrens wurde beschlossen mit der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung bis zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu warten.
Das Urteil
Das Urteil vom 8. April 2014 erklärt die Unvereinbarkeit der Richtlinie mit der Charta der Grundrechte der EU. Die Richter urteilten, dass „ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens […]“ vorliege. Allerdings wurde die Vorratsdatenspeicherung an sich nicht für illegal erklärt, sondern lediglich in ihrer jetzigen Ausführung. Eine Neuformulierung der Richtlinie könnte diese wieder Grundrechtskonform machen
Ausblick
Völlig vom Tisch ist die Vorratsdatenspeicherung damit noch nicht. Das Justizministerium arbeitet angeblich bereits an einem neuen Gesetzesvorschlag, welcher noch in dieser Legislaturperiode vorgestellt werden soll.
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