Die schöne «Verräterin»: Nur Russin Klischina darf starten
Rio – Sie ist bildhübsch, lebt zwischen den Welten und wird von den eigenen Landsleuten als «Verräterin» beschimpft. Die Weitspringerin Darja Klischina darf als einzige russische Leichtathletin nach dem Skandal um systematisches Doping in ihrer Heimat bei den Sommerspielen in Rio starten.
«Sie wird Scheuklappen tragen und sich allein auf den Wettbewerb konzentrieren», sagte ihr australischer Trainer Loren Seagrave. «Das ist unser Plan. Wir wollen nicht, dass uns alles andere in die Quere kommt.»
Die 25 Jahre alte Hallen-Europameisterin von 2011 und 2013 trainiert und lebt seit knapp drei Jahren in der IMG-Akademie in Florida. Deshalb konnte sie als einzige russische Leichtathletin nachweisen, von internationalen Anti-Doping-Organisation getestet worden und nicht ins betrügerische Sportsystem Russlands involviert gewesen zu sein. Während der Weltverband IAAF 67 andere russische Athleten von den Rio-Spielen ausschloss, erhielt sie eine Ausnahmegenehmigung.
Als die IAAF ihr das Startrecht erteilte, schrieb Klischina auf ihrer Facebook-Seite, «wirklich glücklich» darüber zu sein. Zugleich nutzte sie die Gelegenheit – nicht wirklich clever -, nur ihren Agenten und Sponsoren zu danken. Kein Wort des Bedauerns fand sie für ihre russischen Teamkameraden, die zu Hause bleiben müssen, und entfachte damit einen Online-Sturm der Entrüstung.
Kreml-Sprecher Wladimir Markin war einer von vielen, die gegen Klischina polemisierten. Süffisant nannte er sie in einem Atemzug mit den Whistleblowern Julia Stepanowa und Grigorij Rodschenko, die mit ihren Enthüllungen das russische Staatsdoping öffentlich gemacht hatten. «Ein würdiges Team», so Markin.
Der Shitstorm ließ Klischina nicht unbeeindruckt. «Es ist falsch, mich zu kritisieren und mich eine Verräterin zu nennen», sagte die 25-Jährige. Sie sei ja schon drei Jahre in den USA gewesen, als sich die ganze Situation geändert habe. Alle Rechtfertigungen werden ihr nicht helfen, wenn sie am 16. August in der Weitsprung-Qualifikation antritt. «Ich bin nun unter Druck und stehe unter erhöhter Aufmerksamkeit, was nicht immer positiv ist», sagte Klischina.
Bei großen Titelkämpfen war die blonde Schönheit, die im Nebenjob als Model viel Geld verdient, schon oftmals eine Attraktion. «World sexiest Athlet 2013» wurde sie bei der WM 2013 in Moskau genannt. Für die österreichische «Kronen»-Zeitung ist die im russischen Twer geborene Klischina noch immer «eine der schönsten Sportlerinnen auf der Welt» und in Rio die Anwärterin auf den Titel «Miss Olympia».
Dabei will sie in Rio keinen Schönheitswettbewerb gewinnen, sondern in der Sandgrube ganz vorne landen. «Sie ist in großartiger Form und hat die nationalen Meisterschaften mit 6,84 Metern gewonnen», berichtete Coach Seagrave. Für eine Medaille wird das aber wohl nicht reichen.
Fotocredits: Franck Robichon
(dpa)