Die richtige Schaltung fürs Fahrrad finden
Göttingen – Automatik, Funksignale, elektrische Umwerfer: Wer sich ein neues Fahrrad oder Pedelec kaufen will, kann allein über die Gangschaltung lange nachdenken.
Am Markt drängen sich eine Menge verfeinerter Lösungen – je nach Einsatzzweck. Doch ein Grundsatz bleibt: Mit allen Schaltungen kann der Fahrer die Übersetzung ändern, um das Fahren angenehmer zu machen, sagt David Koßmann vom Pressedienst Fahrrad (pd-f) in Göttingen.
Ganz ohne Übersetzung entspricht eine Kurbelumdrehung einer Radumdrehung. Die Übersetzung zu ändern bedeutet folglich, dieses Verhältnis zu ändern. Wer schnell fahren möchte, freut sich über eine hohe Übersetzung. Umgekehrt freut sich der Radler am Berg, wenn seine Schaltung leichtgängig ist, also über eine Untersetzung verfügt.
Meistverkaufter Typ ist die Kettenschaltung. Die weite Verbreitung erklärt Koßmann neben den recht niedrigen Kosten mit dem sehr guten Wirkungsgrad der Kettenschaltung, der bei 97 bis 98 Prozent liege. Nahezu die ganze Kraft, die der Radler in die Pedale gibt, kommt an der Hinterradnabe an und wird in Vortrieb umgesetzt. Geschaltet wird, während der Fahrer in die Pedale tritt, denn zum Positionswechsel benötigt die Kette die Drehbewegung, während eine Nabenschaltung sich in der Regel unter Last kaum schalten lässt.
Offene Kette und Ritzel benötigen viel Pflege. Auch wenn die Kettenglieder nicht gleich reißen – im Laufe des Betriebs gehen sie auseinander, und irgendwann muss Ersatz her. Die Laufleistung von Ritzel, Kettenblättern und Kette hängt grundsätzlich von der Pflege ab und liegt bei gutem Umgang bei 4000 bis 5000 Kilometer, sagt René Filippek vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Berlin.
Bei Getriebeschaltungen ist der bekannteste Typ die klassische Nabenschaltung am Hinterrad, oft zu finden am City-Rad. Weil die Bauteile verkapselt und damit vor Verschmutzung geschützt sind, benötigt sie entweder überhaupt keine Wartung, oder das Getriebeöl muss alle paar Jahre gewechselt werden. Eine weitere Variante ist die Tretlagerschaltung. Sie hat den Nebeneffekt, dass die Laufräder bei Defekten schneller gewechselt werden können, bietet aber auch mehr Laufruhe, da die schwere Getriebetechnik direkt am Schwerpunkt des Fahrrads untergebracht ist.
«Unsere Basis ist ausgereifte Automobil-Getriebetechnik», heißt es am Pinion-Firmensitz in Denkendorf. Die beiden Gründer überlegten, wie man ein Autogetriebe verkleinern kann, um es fürs Fahrrad brauchbar zu machen. Das Ergebnis sind hochpreisige Stirnradgetriebe. Andere Hersteller von Tretlagergetrieben sind Kappstein und Schlumpf. Großer Nachteil: Sie benötigen meist einen eigens konstruierten Fahrradrahmen.
Die grundsätzlichen Nachteile von Getriebeschaltungen gegenüber Kettenschaltungen sind: höheres Gewicht, höherer Preis, teils komplexe Technik sowie höhere Reibungsverluste: «Getriebe fressen Energie, da bleibt was auf der Strecke», sagt Koßmann. Die Einbuße in Sachen Wirkungsgrad beziffert er bei Nabenschaltungen auf bis zu zehn Prozent. Teils bieten Hersteller auch Kombischaltungen, bei denen Kettenschaltungen und Nabenschaltung kooperieren.
Auch Automatikgetriebe gibt es bereits für zahlungskräftige Radler, die den Komfort mögen. So bietet die US-Marke Enviolo ein stufenloses Nabengetriebe. Einher mit der Automatisierung geht auch die Elektrifizierung. So kann auch die E-14-Nabenschaltung von Rohloff die Übersetzung teils schon automatisch mittels Elektronik wählen.
Elektrisch angesteuerte Schaltungen liegen laut Koßmann im Trend. Zu finden ist die Technik wegen des benötigten Stroms bislang vorwiegend am E-Bike. Einer der ersten Hersteller am Markt ist Shimano mit der Kettenschaltung Di2, bei der verkabelte statt mit Bowdenzügen versehene elektrische Stellmotörchen vorn wie hinten präzise und schnell die Kette wechseln lassen.
Die Digitalisierung ist ein weiterer Trend. Während bereits Schaltungen per App und Bluetooth-Verbindung Software-Updates erhalten können oder Antriebsmotoren zur Abstimmung mit ihnen kommunizieren, benötigt die allein 2500 Euro teure eTAP von Sram für Profi-Rennräder als derzeit einzige Schaltung eine Verschlüsselung: Denn ihre Elektronik wechselt die Gänge über eine Funkverbindung zwischen Bedieneinheit und dem elektrischen Umwerfer. Um die Manipulation von außen auszuschließen, ist die Schaltung verschlüsselt.
Fotocredits: Tobias Hase,Tobias Hase,Tobias Hase
(dpa/tmn)