Die neuen SUV der Luxusmarken
Goodwood/Stuttgart – Im Herbst soll mit dem Cullinan der erste Geländewagen von Rolly-Royce auf den Markt kommen. Für die Briten ist das der Beginn einer neuen Ära, sagt Torsten Müller-Ötvos.
«Seit Jahren haben uns die Kunden nach einem Auto gefragt, mit dem sie den Rolls-Royce-typischen Luxus in allen Lebenslagen und auf allen Strecken genießen können.» Dabei denkt der Konzernchef nicht nur an die Steppe: Als bisher alltagstauglichster Rolls-Royce bietet der Cullinan zum Beispiel erstmals eine umklappbare Rückbank.
Das neue Modell wird über fünf Meter lang sein, angetrieben wird es von einem 420 kW/571 PS starken V12-Motor, der Preis dürfte über 300 000 Euro liegen. Seinen Namen hat der Cullinan vom größten Diamanten, der je gefunden wurde. Und das hat durchaus symbolischen Charakter. Denn SUV sind für die Autobauer aktuell tatsächlich so wertvoll wie Edelsteine: Die Zulassungszahlen steigen ständig, und Analysten wie Automobilwirtschaftler Ferdinand Dudenhöffer sehen auch in Zukunft weiter wachsende Marktanteile.
28 Prozent der Neuzulassungen in Deutschland sind heute SUV. Vor zehn Jahren waren es lediglich 8 Prozent, wie der Professor der Universität Duisburg-Essen ermittelt hat. Und im Rest der Welt sieht es kaum anders aus.
Da wundert es nicht, dass auch die Hersteller teurer Luxus-Autos ihren Teil vom Kuchen haben wollen – auch wenn das zu Beginn noch für Irritationen sorgte. Als Porsche 2002 den ersten Cayenne auf den Markt brachte, galt es sogar als Tabubruch, wenn ein Sportwagenhersteller einen Geländewagen baut. Doch inzwischen hat die Gelände-Welle fast alle anderen Luxusmarken erfasst.
Zum Beispiel Bentley: Vor zwei Jahren brachten die Briten mit dem Bentayga einen Wettbewerber für Range Rover oder den Mercedes GLS auf den Markt. In diesem Frühjahr folgte Lamborghini mit dem Urus, dem selbsternannten «schnellsten SUV der Welt». Und nun beginnt mit dem Cullinan eine neue Runde für die Schlammschlacht im Smoking. Denn natürlich sind die Briten mit ihren Plänen nicht alleine – auch andere teure Hersteller tüfteln an neuen SUV.
So arbeitet die Rolls-Royce-Konzernmutter BMW zum Beispiel gerade am X7: Mit mehr als fünf Metern Länge und sieben Sitzen ab dem Frühjahr 2019 soll er das ohnehin große SUV-Programm der Bayern nach oben abrunden. Mit einem Preis, der nach Informationen aus Unternehmenskreisen bei etwa 80 000 Euro beginnt, ist er im Vergleich zum Cullinan aber geradezu günstig. Das gilt auch für den Q8, das neue Oberhaupt der SUV-Familie von Konkurrent Audi.
Eine echte Antwort auf den Cullinan könnte aus Stuttgart kommen: Dort versuchen Designer, dem Mercedes-Ableger Maybach mehr Eigenständigkeit zu geben – und träumen mit der im Frühjahr in Peking präsentierten Studie Vision Ultimate Luxury von der ersten Gelände-Limousine in der Super-Luxus-Klasse. «Wir kombinieren die beiden erfolgreichsten Fahrzeugkonzepte der Welt», sagt Designchef Gorden Wagener über das SUV mit Stufenheck.
Ein offizielles Go für die Studie gibt es zwar noch nicht, räumt Wagener ein. Doch verbindet er mit dem feuerroten Schaustück zumindest das Versprechen, dass sich die nächste Maybach-Version des Mercedes GLS deutlicher vom Standardmodell unterscheiden soll, als es aktuell zum Beispiel bei der S-Klasse der Fall ist.
Die Nachfrage ungebrochen, die Tür zu neuen Kundengruppen sperrangelweit offen: Dieser Verlockung dürften in den nächsten Jahren noch weitere Luxushersteller erliegen. So hat zum Beispiel Aston Martin für das Ende des Jahrzehnts ein Crossover namens DBX angekündigt, kurz danach soll die noble Schwester Lagonda mit einem elektrischen SUV zurückkehren.
Nur eine Marke macht partout nicht mit beim Ritt auf der SUV-Welle: McLaren. «Wir bleiben bei unseren Sportwagen und können, wie die die letzten Jahre zeigen, auch damit höchst profitabel sein», sagt Sprecher Wayne Bruce.
Fotocredits: Audi AG,Lamborghini,Tom Kirkpatrick,Rolls-Royce,Nigel Harniman,Bentley,Daimler AG,Daimler AG
(dpa/tmn)