Die Fussball-WM, oder: der kleinste gemeinsame Nenner

Alle 4 Jahre ist es soweit: Die ganze Nation klebt wie ein Schwarm Saugwelze an der Bildschirmen und verfolgt das spannende Treiben auf dem heiligen Grün. Es herrscht eine beschwingte Stimmung, und jeder ist irgendwie gut drauf. Die Quote der Fussballhasser sinkt beträchtlich während dieser Zeit, und jeder hat etwas interessantes zum aktuellen Spielverlauf zu sagen. Was daran schlimm sein soll? Einfach alles!


Die Fussball WM: Deutschland im Kollektivtaumel

Fussball ist der beliebteste Sport der Deutschen, doch während der WM wird daraus noch mehr. Wer sich nicht für das Gekicke interessiert, wird schräg angeguckt, und kann eigentlich gleich zu hause bleiben. Das Thema für diesen Monat ist ganz klar: Fussball, Fussball und noch mehr Fussball. Die Gestaltung des Abendprogramms hat darunter genauso zu leiden wie die Smalltalkgespräche.
Hier kommen wir auch schon zum springenden Punkt: Während der WM wird nicht nur jeder zum Fussballfan, sondern zum wahren Experte. Unsportliche Couchpotatos mutieren zu adleräugigen Abseitskennern, schnieke Modepüppchen könnten problemlos den Schiedsrichter ersetzen, und jeder Hans Wurst hat etwas zu der aktuellen Aufstellung zu sagen, beziehungsweise weiss etwas daran zu verbessern.
Fussball ist einfach der kleinste gemeinsame Nenner der Gesellschaft. Egal ob Borsenfutzi, Kanalarbeiter oder Pilot, jeder kann seinen Senf dazu geben und darüber diskutieren. Die Grenzen von Sachverstand und betrunkenem Gelalle sind hier fliessend, im wahrsten Sinne des Wortes. Zur WM kulminiert der Fussballwahn auf den sogenannten Fanmeilen zu einer Orgie in schwarz-rot-gold. Bei diesen Massenveranstaltungen kann jeder mitfiebern, ganz anspruchslos und ungehemmt.
Hier haben wir einen weiteren Punkt auf der Agenda gegen den kollektiven Fussballvirus: Viele nutzen die WM, um ihren Nationalstolz an die grosse Glocke zu hängen. Mal davon abgesehen das dieser schon an sich nervt, und zwar unabhängig bei welcher Nation, sind die vereinzelten Kommentare wirklich nicht zum aushalten. „Endlich sind wir wieder wer!“ oder „Ich bin stolz, Deutscher zu sein!“ Diese enorm reflektierten Feststellungen können einem schon übel aufstossen.
An sich ist gegen ein spannendes Fussballspiel nichts einzuwenden, wäre da nicht das ganze drum herum, was einfach überzogen, peinlich, und nervig daher kommt. In diesem Sinne: Don’t believe the hype.

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