Der Wasserschützer

Rio de Janeiro (dpa) – Es stinkt, Fäkalien schwimmen im seichten Wasser, auch ein Sofa. Der Biologe Mario Moscatelli (52) steigt aus dem Boot auf das Sofa und hebt mit einem Ruder Fäkalienschlamm vom Grund – aus einer nahen Favela wird alles ungeklärt hier in die Laguna da Tijuca hinein geleitet.

Seit 20 Jahren ist er in Rio der Mahner, prangert an, dass Milliardensummen an internationalen Hilfen für moderne Klärsysteme versickert sind. Moscatelli kennt jedes Gewässer hier, nimmt Proben, das ist oft frustrierend. In der Guanabara-Bucht, wo bei Olympia gesegelt wird, sei praktisch gar nichts besser geworden. «Ohne Hepatitis A-Impfung, würde ich in diesen Gewässern keinen Sport betreiben», meint der Umweltschützer.

Bis 1950 habe man in der Bucht noch schwimmen können. «Seither geht es nur bergab.» Abwässer werden ungeklärt eingeleitet, Müll in rauen Mengen hier entsorgt, dazu die Folgen des Schiffsverkehrs. Nicht jedem schmeckt sein Einsatz für die Umwelt. 1989, als er an der Küste in Angra dos Reis arbeitete, wurde er sogar mit dem Tode bedroht und lebte erst einmal einige Zeit in Deutschland. «Meine Frau hat Angst um mich», sagt er. «Um meine Gesundheit». Sie meint dabei weniger die Folgen des täglichen Arbeitens im dreckigen Wasser, sondern Gewalt.

Er legt den Finger in die Wunde, klagt die Politik an. Warum ist der Sohn italienischer Einwanderer so energisch? «Mein Mutter kam aus Neapel, sie gab mir als Kind keine Milch, sondern nur Salami», meint er leicht grinsend. «Meine Eltern gaben mir mit auf den Weg: Sei kein Idiot.» Das lebe er, idiotisches Handeln könne er nicht akzeptieren. Mangroven, die Fische und Krebse, die will er schützen. Und die Leute vor Gesundheitsfolgen bewahren, die schon durch den Gestank drohen.

Aufgeben? «Oh, da denke ich jeden Tag dran.» Aber das passe nicht zu seinem Naturell. Finanziert von Privatleuten und Firmen, die die Wasserzustände das nicht mehr länger dulden wollen, nimmt er überall Proben und ist medial sehr aktiv. «Das ganze Problem ist auch ein kulturelles, es geht immer nur um Profitstreben.» Aber immerhin, es gebe kleine Erfolge. So sei rund um den Olympiapark ein modernes Abwassersystem eingebaut worden. Aber das man in der Guanabara-Bucht wieder schwimmen kann – das wird Moscatelli wohl nicht mehr erleben.

Fotocredits: Helmut Reuter

(dpa)
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