Der Unmut wächst: Bundesliga-Schiedsrichter in der Kritik
Düsseldorf – Übersehene Schwalben, aberkannte Tore, nicht geahndete Fouls – in der Bundesliga wächst die Kritik an den Schiedsrichtern. Vor allem an den vergangenen beiden Spieltagen erhitzten folgenschwere Fehlentscheidungen die Gemüter.
«Schade, dass wir nicht mehr über Fußball reden können. Die ganze Woche reden wir über Schiedsrichter», klagte der Mainzer Trainer Martin Schmidt nach dem 0:1 seiner Mannschaft in Mönchengladbach. Referee Robert Hartmann hatte zuvor dem vermeintlichen Ausgleichstreffer der Gäste in der 89. Minute aus zweifelhaften Gründen die Anerkennung verweigert.
Die viel beachtete Schwalbe des Leipziger Angreifers Timo Werner am 3. Dezember, die dem Aufsteiger zum 2:1-Sieg über den FC Schalke verhalf, gilt als Auslöser der jüngsten Diskussion. Dass sich Schiedsrichter Bastian Dankert nach Sichtung der TV-Bilder entschuldigte, spendete den erzürnten Schalkern nur bedingt Trost. Nur wenige Tage später zog sich sein Kollege Christian Dingert den Unmut der Hoffenheimer zu, als er einen an Angreifer Sandro Wagner verübten brutalen Ellbogenschlag des Frankfurter Abwehrspielers David Abraham übersah.
Die Meinungen über die Gründe für diese signifikante Häufung von Fehlentscheidungen gehen auseinander. So wies Bernd Heynemann auf den altersbedingten Umbruch bei den Referees hin. «Es gibt Spitzen-Schiedsrichter, die haben eine Ausstrahlung, aber es gibt viele junge, die nachrücken und die sich das erst noch erarbeiten müssen», sagte der ehemalige FIFA-Schiedsrichter bei Sport1.
Es scheint diese These zu stützen, dass einige renommierte und international erprobte Unparteiische in den vergangenen Jahren die Altersgrenze erreichten. Dennoch kann Lutz Michael Fröhlich, Leiter der DFB-Schiedsrichterkommission, solchen Schlussfolgerungen nur wenig abgewinnen: «Die vier neuen Bundesliga-Schiedsrichter haben sich – ebenso wie die drei im vergangenen Jahr – gut eingefügt», sagte er dem Fachmagazin «Kicker» (Donnerstag-Ausgabe).
Fröhlich hält die jüngste Kritik an den Schiedsrichterleistungen ohnehin für übertrieben. Nach seiner Einschätzung nahm die Zahl der Fehler nicht zu. «Wir haben an normalen Spieltagen in der Bundesliga und der 2. Bundesliga zusammen ca. 20 bis 25 knappe und kritische Entscheidungen. Rund 75 Prozent davon erweisen sich nach Analyse der TV-Bilder als richtig», meinte der 59 Jahre alte DFB-Schiedsrichterchef. «Pro Spieltag geht es im Durchschnitt um zwei bis drei Entscheidungen. Das Verhältnis hat sich im Laufe der jetzigen Saison zu den Vorjahren nicht wesentlich verändert.»
Nichtsdestotrotz sehnen die meisten Beteiligten die Einführung des Videobeweises in der kommenden Saison herbei. Mit dessen Hilfe können wichtige Schiedsrichter-Entscheidungen nach schneller Sichtung von TV-Bildern korrigiert werden. Derzeit werden an jedem Wochenende vier Referees in einem Kölner Studio geschult. «Das intensive Training ist notwendig, um zu einer möglichst präzisen und einheitlichen Definition zu kommen, was ein klarer Fehler ist, bei dem von außen eingegriffen werden sollte», sagte Fröhlich.
Ungeachtet dieser angedachten Verbesserung plädierte Julian Nagelsmann für einen faireren Umgang mit den Unparteiischen. «Entweder bei den Zuschauern, Trainer A oder Trainer B – immer bist du der Vollidiot. Und immer der Vollidiot im Leben zu sein, ist nicht so schön» sagte der Hoffenheimer Coach. «Es ist menschlich, mal einen schlechten Tag zu haben.»
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(dpa)