Der Traum vom Fliewatüüt lebt – Autos auf Abwegen
Genf – Feierabendverkehr, Stop-and-Go, Staus. Das ist zum In-die-Luft-gehen. Geht es nach Menschen wie Jörg Astalosch, lässt sich das bald wörtlich nehmen.
Der Chef der Ideenschmiede Italdesign hat auf dem
Genfer Autosalon (8. bis 18. März) gemeinsam mit Audi und Airbus ein Fahrzeugkonzept gezeigt, mit dem man dem Stau die kalte Schulter zeigt und immer mobil ist.
Der Pop Up Next ist ein autonomer Kleinstwagen, der sich bei zu dichtem Verkehr an eine Art unbemannten Helikopter andocken, seinen Fahrschemel am Boden lassen und dann mit elektrischen Rotoren abheben kann. Der Pop Up hatte bereits seinen zweiten Auftritt in Genf und trägt mittlerweile die Audi-Ringe. Die Schwestermarke Porsche hat gerade in der Branchenzeitung «Automobilwoche» ähnliche Planungen angedeutet.
Mit dieser Idee sind Airbus, Audi und Italdesign nicht alleine, wie eine Handvoll solcher Autos in Genf bewies. Flugfahrzeuge, Schmalspurflitzer, Robotaxen und extrem geländegängige Offroad-Modelle erinnern an das Fliewatüüt aus der bekannten Kinderfilmserie «Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt». Das Auto ist zumindest in der Fantasie der Entwickler nicht allein auf der Straße zu Hause, sondern zu Lande, zu Wasser und in der Luft.
Greifbar ist der Liberty der niederländischen Firma PAL-V. Auf seinem Dach trägt der Zweisitzer einen ausklappbaren Rotor von elf Metern Durchmesser, mit dem er abheben kann. Und anders als der Pop Up ist der am Boden mit seinem 74 kW/100 PS starken Motor immerhin 160 km/h und in der Luft bis zu 180 km/h schnelle Zwitter kein Konzept und keine Vision mehr, sondern ein Serienmodell. 2019 sollen für knapp unter 400 000 Euro die ersten Kundenfahrzeuge ausgeliefert werden.
Während Pop Up und Liberty in die Luft gehen, suchen Fahrzeuge wie der Sbarro 4×4+2, der Hyundai Kite oder der Chelsea Truck einen anderen Ausweg aus dem Verkehrschaos und wechseln einfach in die Wildnis. Als extreme Geländefahrzeuge mit erweitertem Aktionsradius setzen sie damit einen Kontrapunkt zu der Schwemme an SUV und Crossover-Modellen, die meist nur noch nach Freiheit und Abenteuer aussehen und am Ende doch nur auf dem Asphalt bewegt werden.
Dabei mag der Sbarro mit den zuschaltbaren Antriebsrädern Nummer fünf und sechs nur eine schräge Eigenkonstruktion von ein paar findigen Tüftlern sein. Und auch der Chelsea Truck ist im Grunde nichts anderes als ein spektakulärer Umbau des Land Rover Defender, der für 250 000 Euro zum Dreiachser wird. Doch im Hyundai Kite steckt das Zeug für ein Spaßmobil von übermorgen. Das nach Angaben des Herstellers gemeinsam mit der Designhochschule Turin gestaltete Elektro-Showcar taugt nicht nur für den Strand, kann mit einer Turbine auf dem Wasser fahren und lässt sich mit wenigen Handgriffen in ein Schneemobil umbauen.
Eine dritte Alternative gegen das Verkehrschaos ist der in der Schweiz entwickelte Qooder. Er soll das Beste aus zwei Welten vereinen. So schmal und agil wie ein Motorrad und mit vier, durch eine spezielle Steuerung in der Seite neigbaren Rädern so sicher wie ein Auto, soll man mit dem offenen Zweisitzer lässig durch den Stau surfen, verspricht Firmenchef Paolo Gagliardo. Wem das alles zu wild oder zu gewagt ist, den lockt die Autoindustrie einmal mehr mit Roboter-Fahrzeugen. Dazu gehören zum Beispiel Renault EZ-GO für den autonomen Nahverkehr, ID Vizzion als Ausblick auf ein selbstfahrendes VW-Flaggschiff oder Vision Concept der als elektrischer Rolls-Royce-Konkurrenz wiederbelebten britischen Luxusmarke Lagonda.
Fotocredits: Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger,Thomas Geiger
(dpa/tmn)