Der schöne Schein «authentischer» Bilder
Berlin – Die Zeiten, in denen man vor dem Urlaub Kataloge wälzen und sich auf Tipps der Reisebüroangestellten verlassen musste, sind vorbei. Heute gibt es im Internet unzählige Möglichkeiten, sich über Reiseziele schlau zu machen.
Mehr als zehn Webseiten schauen sich Urlaubsreife im Schnitt vor ihrer Reise an, sagt Michael Buller, Vorstand des Verbands Internet Reisevertrieb (VIR). Doch während in Katalogen klar ist, dass sie nur das Allerschönste zeigen, erwarten sich viele von Facebook und Instagram Authentizität – eine Hoffnung, die nicht immer erfüllt wird.
Auf Facebook zum Beispiel stößt man eher zufällig auf inspirierende Beiträge rund um das Reisen – vor allem dann, wenn Freunde ihre Urlaubsbilder posten. Etwa jedes zweite auf Facebook veröffentlichte Bild habe etwas mit Reisen zu tun, sagt Buller. Doch in der eigenen Timeline laufen mittlerweile Beiträge von Freunden und Bekannten genauso ein wie Werbung und Beiträge von touristischen Unternehmen, für die der Nutzer sein Interesse bekundet hat.
Daher empfiehlt es sich, genau hinsehen. Steht hinter einem Reisetipp ein kommerzielles Interesse? «Das wird relevant, wenn Freunde Bilder teilen oder auch wenn über Social Media bereits so etwas wie eine soziale Beziehung entstanden ist – zum Beispiel zu Idolen», sagt Niels Brüggen vom Institut für Medienpädagogik (JFF) in München. Gerade bei Beiträgen aus ihrem persönlichen Umfeld erwarteten Nutzer ungefärbte Information. Das ist oft nicht so: Wenn die Freunde zum Beispiel Werbeanzeigen von Reiseanbietern und Buchungsseiten liken oder teilen, wird dies dem Nutzer in der Timeline angezeigt.
Auf Instagram gibt es vor allem optische Eindrücke von Reisezielen. Wie findet man die? Einfach den Sehnsuchtsort in die Suchmaske eingeben, rät Maximilian Münch,
Profi-Instagramer, der mit dem Posten von Reisefotos sein Geld verdient. So findet man meist eine Vielzahl von unterschiedlichsten Bildern. Der Vorteil: Die ganzen neuen Fotos zeigen, ob das Schloss, das man besichtigen will, hinter einem Gerüst versteckt ist – oder wie das Wetter am Reiseort gerade ist. Außerdem seien die Bilder authentischer als beispielsweise Fotos in Hochglanzprospekten, sagt Münch.
Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Denn Tourismusdestinationen und Veranstalter engagieren seit einiger Zeit vermehrt sogenannte Influencer, also Nutzer mit besonders großer Reichweite. Sie bezahlen ihnen die Reise – und erwarten im Gegenzug hübsche Fotos auf den Profilen der digitalen Meinungsmacher.
Niels Brüggen mahnt: Jemand, der für Geld Bilder über ein Reiseziel veröffentlicht, zeigt vermutlich eher die schöne Aussicht als den hässlichen Schandfleck daneben. «Bei einer Information, die mit einem finanziellen Interesse unterfüttert ist, ist die Frage berechtigt, ob sie neutral ist», sagt er.
Manche Influencer markieren bezahlte Posts mit einem Hashtag wie #sponsored oder schreiben den offiziellen Namen der Kampagne zu ihrem Bild. Aber: «Es gibt keine eindeutigen Vorschriften, wie diese Art von Werbung gekennzeichnet werden muss», sagt Brüggen. Man könne sich trotzdem über Instagram ein Bild machen. «Aber man muss andere Quellen heranziehen, beispielsweise über die Lage eines Hotels, um sicher zu sein, dass der eigene Eindruck vor Ort nicht ganz anders ausfallen wird», rät der Experte.
Auch Hotelbewertungen spielen bei der Reiseplanung eine wichtige Rolle. Die Online-Bewertungen wirkten sehr authentisch, sagt Niels Brüggen. Fälschungen seien aber nicht ausgeschlossen. Daher sollte man eher Wertungen glauben, die auf sehr vielen Meinungen basieren, betont Buller – und auch wirklich lesen, was andere Urlauber schreiben. «Die Bewertungen sind sehr subjektiv.» So gebe jemand möglicherweise einem scharfen Hotelessen eine schlechte Note, weil er milde Speisen bevorzuge. Für andere sei scharfes Essen vielleicht gar ein Argument, genau in dieses Hotel zu fahren.
Was bedeutet das alles für Urlauber? Das Netz macht sie einerseits unabhängiger von der Eigendarstellung der Reiseveranstalter und der Tourismusdestinationen. Andererseits findet sich natürlich auch im Internet jede Menge Werbung – sie ist dort oft nur nicht so leicht zu erkennen wie auf anderen Kanälen.
Fotocredits: Franziska Gabbert
(dpa/tmn)