Den «Luschen» gelingt der perfekte Start
Köln – Die Hamburger «Luschen» hüpften minutenlang vor ihren Fans. Es gab kollektives Umarmen und gegenseitige Duschen mit Wasserflaschen.
Torwart Christian Mathenia drückte es in einem Satz aus, der so perfekt zum HSV-Zustand passte wie der zweite Saisonsieg im zweiten Spiel: «Unfassbar, wie unsere Gefühlslage ist. Wir sollten’s genießen.» Trainer Markus Gisdol: «Die Freude ist riesig.»
Darf sie auch. 3:1 (2:0) beim 1. FC Köln, davor das 1:0 gegen Augsburg – ohne das Pokal-Aus beim Drittligisten Osnabrück wäre der Auftakt in die Spielzeit 2017/18 mustergültig. Aber zumindest einer ist aktuell widerlegt: HSV-Investor Klaus-Michael Kühne. «Der HSV ist ein Phänomen, weil die Luschen immer hier hängenbleiben», hatte er jüngst von sich gegeben.
«Ich hoffe, dass wir die richtigen Antworten gegeben und die Kritiker ruhiger gestellt haben», konterte indirekt André Hahn. Der Neue aus Mönchengladbach (28. Minute), der US-Amerikaner Bobby Wood (34.) und der eingewechselte Lewis Holtby in der Nachspielzeit machten mit ihren Treffern das Hochgefühl in den Reihen des einzig verbliebenen Gründungsmitglieds der Fußball-Bundesliga möglich.
«Viele Spieler sind über den Schweinehund gegangen», hielt Gisdol nach den auch dramatischen 100 Minuten fest. 100 Minuten waren es deshalb, weil FIFA-Schiedsrichter Felix Brych in der 49. Minute verletzt vom Platz musste und rund acht Minuten unterbrochen wurde, ehe der Vierte Offizielle Sören Storks übernahm. Mit Folgen für den HSV: Keine Minute nach Storks erstem Pfiff erhielt der ehemalige Kölner Mergim Mavraj wegen wiederholten Foulspiels Gelb-Rot (59.).
Danach habe seine Mannschaft gefightet und sei viel gelaufen: «Eine herausragende Leistung», befand Gisdol. Unter diesen wunderbaren Umständen konnte HSV-Verteidiger Dennis Diekmeier sogar über seinen alleinigen Rekord lachen. «Wollt ihr mir gratulieren jetzt?», fragte er nach seiner 183. Erstligapartie ohne Tor in die Runde.
Dazu eher nicht. Aber Kölns Coach Peter Stöger gratulierte allen HSV-Männern zum Sieg, der, so jedenfalls Diekmeier, seine Ursachen in etwas hatte, das bei den Hamburgern oft vermisst worden war: «Absolute Geschlossenheit und Kampf bis zum Ende.» Großartig sei es gewesen, wie sich jeder reingehauen habe, kommentierte Mathenia, der indes einzuschätzen wusste, dass die sechs Zähler ein Momentum sind: «Wir sind absolut realistisch und wissen das richtig einzuordnen.»
Null Punkte, ein Tor – bei den Kölnern, in der Vorsaison toller Fünfter, ist der Start kräftig daneben gegangen. In der Defensive nicht konsequent und im Aufbau nicht kreativ genug – das führte lediglich zu Frederik Sörensens Anschlusstreffer zum 1:2 in der Nachspielzeit. «Wir haben die Tore zu einfach zugelassen», bemerkte Stöger zurecht. So auch das letzte durch Holtby, als die Kölner Albin Ekdal rechts einfach laufen ließen und der HSV-Schwede zum Schlusspunkt eines idealen Hamburger Abends mühelos vorlegen konnte.
Fotocredits: Federico Gambarini
(dpa)