Darmstadt ist Norbert Meiers neues Abenteuer
Darmstadt – Als Norbert Meier Ende Juni seinen Trainer-Job beim SV Darmstadt 98 antrat, standen ihm gerade zwölf Feldspieler zur Verfügung. Für den Coach, der seit mehr als 35 Jahren im Profigeschäft unterwegs ist, war das «schon eine besondere Vorbereitung», wie er im dpa-Interview einräumt.
«Da muss man eben auch ein bisschen abenteuerlustig sein.» Am Sonntag wird es nun ernst: Sein neuformiertes Team spielt in der ersten Runde des DFB-Pokals beim Fünftligisten Bremer SV.
Der 57 Jahre alte Meier tritt in Darmstadt ein schweres Erbe an. Unter seinem Vorgänger Dirk Schuster war das Team von der 3. bis in die 1. Liga durchmarschiert und hatte dort überraschend die Klasse gehalten. Übertreffen wird Meier seinen Vorgänger angesichts der begrenzten Möglichkeiten wohl kaum. Selbst der Ligaverbleib wäre nur eine Wiederholung der Sensation des Vorjahres.
Dass er bei den Buchmachern als einer der Topkandidaten für die erste Trainerentlassung der Saison gehandelt wird, nimmt Meier mit Humor. «Es ist doch schön, wenn Darmstadt mal oben steht», kommentiert er grinsend. Und mit Blick auf die Saisonziele sagt er: «Ich will da gar nicht das Wort mit A in den Mund nehmen. Wir wollen so viele Spiele gewinnen, dass wir am Ende drei Mannschaften hinter uns lassen.»
Gleich mehrere Stammspieler haben den Verein verlassen. Vor allem der Verlust von Abwehrmann Luca Caldirola, Freistoßspezialist Konstantin Rausch und Torjäger Sandro Wagner schmerzt. Aber auch der von Slobodan Rajkovic quasi erzwungene Weggang sorgte für Unruhe.
Bei Neuverpflichtungen tat sich der Verein lange schwer. In den vergangenen Tagen kamen dann immerhin EM-Teilnehmer Laszlo Kleinheisler (Werder Bremen) und Stürmer Sven Schipplock (Hamburger SV) und der schwedische Abwehrspieler Alexander Milosevic von Besiktas Istanbul – alle auf Leihbasis. «Gehen Sie davon aus, dass wir hier Tag und Nacht sehr fleißig agieren und alles abklopfen, was abzuklopfen geht. Aber da gibt es schon sehr stark ausgeprägte Grenzbereiche», sagt Meier.
Da der Markt für deutsche Spieler sehr teuer ist, haben sich die «Lilien» besonders mit Spielern aus dem Ausland verstärkt, etwa den beiden Ukrainern Artem Fedetski und Denis Olejnik. Ein Problem sieht Meier darin nicht. «Fußball ist doch immer multikulti gewesen, damit bin ich groß geworden», sagt er. «Beim Fußball ist es egal, ob du weiß, schwarz, gelb oder blau bist – wenn du kicken kannst, bist du drin. Da zählt auch deine soziale Herkunft nicht.»
Dem Verein ist es gelungen, Leistungsträger wie Aytac Sulu, Jerome Gondorf und Marcel Heller zu halten, bei denen mehr oder weniger offen ein Abgang im Raum stand. «Da ist jetzt keiner mehr dabei, der von sich aus gehen will, der ständig an der Trainertür scharrt und um seine Freigabe bittet», sagt Meier mit Blick auf den Kader.
Kalt gelassen haben ihn die Probleme bei der Kaderplanung aber nicht: «Der eine oder andere wacht vielleicht schon mal um vier Uhr nachts auf und denkt: Mensch, heute muss aber mal was passieren.» Doch er gibt sich kämpferisch: «Da müssen wir uns gegenseitig immer wieder pushen und dürfen nicht in Lethargie verfallen. Respekt musst du dir erarbeiten. Mitleid bekommst du geschenkt.»
Fotocredits: Arne Dedert
(dpa)