China: Angst vor Lungenkrankheit erlaubt kein Gratis-Storno

Peking – In China treten immer mehr Fälle der tödlichen Lungenkrankheit auf. Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag (25. Januar) wächst zudem die Gefahr einer Übertragung. Bei der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs.

Erstes Auftreten auf Fischmarkt in Wuhan

Chinas Gesundheitskommission erklärte in Peking, die anfänglichen Infektionen wurden mit einem inzwischen geschlossenen Fischmarkt in Wuhan in Verbindung gebracht, auf dem auch Wildtiere verkauft wurden. Der Großteil der Infektionen konzentrierte sich weiter auf die 11-Millionen-Metropole.

Coronaviren verursachen oft harmlose Erkrankungen wie Erkältungen – Analysen des Erbguts hatten dem Berliner Virusforscher Christian Drosten zufolge aber ergeben, dass es sich bei dem Erreger um eine Sars-Variante handelt. Sars steht für «Severe Acute Respiratory Syndrome», also Schweres Akutes Atemwegssyndrom. Ein Sars-Virus hatte von China ausgehend 2002/2003 eine weltweite Pandemie mit 8000 Infizierten zur Folge, etwa 800 Menschen starben.

Deutsche Urlauber werden aufgeklärt

Der Flughafen Frankfurt hat sich wegen der in China kursierenden neuen Lungenkrankheit auf mögliche Maßnahmen eingestellt. «Der Plan liegt in der Schublade», sagte eine Sprecherin der Betreibergesellschaft Fraport. «Wir bekommen Empfehlungen vom Gesundheitsamt.» Derzeit gebe das Amt präventive Verhaltensempfehlungen für Reisende aus und Reisende in die Region bei Wuhan in China, wo die Krankheit im Dezember erstmals ausgebrochen sei, erklärte ein Sprecher des Gesundheitsamtes in Frankfurt.

Reisende werden laut dem Sprecher über die Symptome aufgeklärt und wie sie damit umgehen sollen. Das geschieht etwa auf großen Informationstafeln am Flughafen oder auf der Internetseite des
Auswärtigen Amtes. «Man muss einfach schauen, wie sich das Geschehen global weiterentwickelt und dann müssen wir natürlich auch die Informationen anpassen», erklärte der Sprecher weiter. Aktuell seien Reise- und Verhaltensempfehlungen ausreichend. Bei begründeten Verdachtsfällen würden betroffene Menschen isoliert sowie beobachtet werden, hieß es vom Amt.

Reiseveranstalter spüren wenig Auswirkungen

Deutsche Reiseveranstalter und Lufthansa sind wegen der Ausbreitung der neuen Lungenkrankheit in China im Austausch mit den Behörden. «Die Veranstalter halten engen Kontakt zum Auswärtigen Amt und beobachten die Entwicklung aufmerksam», sagte eine Sprecherin des Branchenverbandes DRV. Die Lufthansa spürt nach Angaben eines Sprechers bislang keine Zurückhaltung der Kunden bei den Buchungen. Man könne jederzeit fertig geplante Notfallmaßnahmen starten, sagte der Sprecher.

Der deutsche Branchenprimus Tui hat nach eigenen Angaben derzeit nur sehr wenige Gäste in China. «Entsprechend verzeichnen wir aktuell auch keinen erhöhten Informationsbedarf», sagte eine Sprecherin. Gäste vor Ort seien via SMS über die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes informiert worden. Bei DER Touristik gingen nach eigenen Angaben bisher nur wenige Anfragen von Kunden zum Corona-Virus ein. Auch der Veranstalter Berge & Meer verzeichnet bislang weder vermehrte Rückfragen noch Stornierungsanfragen.

Sorgen müsse man sich in Deutschland nicht machen, sagte Lars Schaade, Vizepräsident des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin. Das Gesundheitsrisiko für die Bevölkerung in Deutschland wird vom RKI derzeit als «sehr gering» eingestuft. Zwar könne es einzelne Fälle von Virus-Importen geben, fortgesetzte Infektionsketten – also anschließende Übertragungen von Mensch zu Mensch – seien nach derzeitigem Stand aber unwahrscheinlich, so Schaade.

Angst vor Ansteckung erlaubt kein Gratis-Storno

China-Reisende können ihren Pauschalurlaub nicht allein aus Angst vor der neuen Lungenkrankheit kostenlos absagen. Ein Rücktritt vom Reisevertrag rein aus Furcht sei derzeit nicht ohne Stornogebühren möglich, erklärt die Reiserechtsexpertin Sabine Fischer-Volk von der Kanzlei Karimi in Berlin.

«Eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn für ein konkretes Reiseziel oder Hotel eine Quarantänemaßnahme ausgerufen würde, sodass man dort keinen Urlaub machen kann oder nur mit großen Einschränkungen», sagt die Rechtsanwältin. Das ist derzeit nicht der Fall.

Fischer-Volk rät China-Reisenden, sich regelmäßig über die
Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes (AA) zu informieren. Dieses rät aktuell nicht von China-Reisen ab – eine wichtige Bedingung, um Pauschalurlaub kostenlos stornieren zu können.

In den Reise- und Sicherheitshinweisen heißt es lediglich: «Vermeiden Sie den Kontakt mit kranken Menschen und allen Tieren, meiden Sie Märkte mit Tierprodukten und achten Sie gesteigert auf ihre Handhygiene.» Außerdem sollten Reisende umgehend zu einem Arzt, wenn sie Fieber und Anzeichen einer Atemwegsinfektion entwickeln.

Individualreisende, die nicht fliegen wollen, können sich die Ticketkosten nicht von der Airline erstatten zu lassen.

Erster Fall in den USA bekannt

In den USA wurde ein erster Fall der neuen Lungenkrankheit nachgewiesen. Es handele sich um einen Mann, der nach einer Reise in die chinesische Stadt Wuhan am 15. Januar in die Westküstenmetropole Seattle zurückgekehrt sei, teilte die US-Gesundheitsbehörde CDC mit. Die Krankheit war zuvor bereits in Japan, Südkorea, Thailand und Taiwan festgestellt worden. Experten hatten zuvor erklärt, dass vereinzelte Einschleppungen der neuen Lungenkrankheit auch nach Europa immer wahrscheinlicher würden.

Zum Schutz gegen die Lungenkrankheit schloss Nordkorea nach Angaben von Reiseagenturen vorerst seine Grenzen für ausländische Touristen. Nordkorea lasse von Mittwoch (22. Januar) an keine Touristen mehr einreisen, teilten die in China ansässigen Agenturen Young Pioneer Tours und Koryo Tours auf ihren Webseiten mit. Von Nordkorea gab es zunächst keine offizielle Bestätigung.

Chinas asiatische Nachbarn und drei US-Flughäfen haben wegen der neuen Lungenkrankheit inzwischen Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan eingeführt. Auch Italien setzt nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Rom auf Kontrollen am Flughafen in Rom, um mögliche Verdachtsfälle an Bord von Flugzeugen aus Wuhan zu überprüfen. Und Russland verstärkte die Kontrollen an allen Grenzposten zu China.

Fotocredits: Mark Schiefelbein
(dpa)

(dpa)
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