Bundesliga investiert halbe Milliarde Euro
Düsseldorf – Die Fußball-Bundesliga hat auf dem Transfermarkt eine Schallmauer durchbrochen. Erstmals in ihrer Historie gaben die 18 deutschen Elite-Clubs mehr als eine halbe Milliarde Euro an Ablösesummen für neue Spieler aus.
Nach Berechnungen der Deutschen Presse-Agentur investierten die Vereine im EM-Rekordsommer 506,59 Millionen Euro in mehr als 140 Neuzugänge. Damit wurde die letztjährige Ausgabe-Bestmarke von 300 Millionen Euro pulverisiert.
Bis kurz vor Ende der Wechselperiode am Mittwoch (18.00 Uhr) nahmen die Erstligisten rund 450 Millionen Euro durch Verkäufe ein. Damit ist die Transferbilanz fast ausgeglichen, was trotz der Preisexplosion für ein maßvolles Haushalten spricht. Dabei sind die Gebühren für die weiter beliebten Leihgeschäfte nicht einmal eingerechnet. Die Hälfte der Vereine weist eine positive Transferbilanz auf.
In den letzten 24 Stunden brach hier und da noch einmal Hektik aus. Der FC Schalke 04 wurde auf der Suche nach einem Ersatz für Leroy Sané fündig und lieh den ukrainischen Nationalspieler Jewgeni Konopljanka vom FC Sevilla aus. Werder Bremen verstärkte sich nach dem Saisonfehlstart mit Serge Gnabry vom FC Arsenal. Der 21 Jahre alte Silbermedaillen-Gewinner von Rio absolvierte am Mittwoch den Medizincheck und wurde danach vorgestellt.
Mit den rund fünf Millionen Euro, die Werder nach London überweist, fiel die vor Jahren noch für unmöglich gehaltene Marke von einer halben Milliarden Euro. Auf den letzten Drücker leistete sich der FC Ingolstadt in Marcel Tisserand (AS Monaco) für geschätzte drei Millionen Euro den teuersten Spieler der Clubgeschichte – nur einer von zahlreichen Rekorden.
Am meisten Geld investierte Borussia Dortmund. Acht Neuzugänge waren dem BVB 108,7 Millionen Euro wert. Die Westfalen stehen aber auch bei den Einnahmen (108,0) klar auf Platz eins – vor allem durch die Verkäufe von Henrich Mchitarjan, Mats Hummels und Ilkay Gündogan.
Fast bescheiden blieb diesmal Rekordmeister Bayern München, der für Hummels und Europameister Renato Sanches 70 Millionen hinblätterte. Der vom Brause-Hersteller Red Bull finanzierte Aufsteiger RB Leipzig (45,5), der seit Sonntag noch den Brasilianer Bernardo und den Schotten Oliver Burke für zusammen fast 20 Millionen Euro holte und Kyriakos Papadopoulos von Bayer Leverkusen auslieh, ist auch wirtschaftlich in der Beletage angekommen.
Gleichfalls mehr als 40 Millionen Euro investierten der VfL Wolfsburg und Leverkusen. Somit gehen rund 60 Prozent der gesamten Liga-Ausgaben auf die Top Fünf zurück. Die höchsten Einnahmen erzielten nach Dortmund Reviernachbar Schalke (54,3) und Wolfsburg (50,5). Dass die Kluft zwischen arm und reich immer größer wird, zeigen die bescheidenen Investitionen von Darmstadt 98 (750 000) und Eintracht Frankfurt (2,2).
Massiv getrieben wurde der Markt von der reichen englischen Premier League, die sogar mehr als eine Milliarde Euro für neue Stars ausgab und auch in der Bundesliga zuschlug. So wechselte Gladbachs Granit Xhaka für 45 Millionen Euro zum FC Arsenal. Und Schalke war es möglich, Toptalent Sané für 48 Millionen Euro plus Boni an Manchester City zu verkaufen – der 20-Jährige avancierte damit zum teuersten deutschen Spieler der Historie. «Jeder Bundesligamanager weiß genau, wenn ein englischer Club am Telefon ist, gelten andere Preise», kommentierte Christian Heidel im «kicker-tv – Der Talk» den Megadeal.
Schalkes Sportvorstand erwartet im kommenden Jahr, wenn auch hierzulande der neue TV-Vertrag greift, einen weiteren Anstieg und das «heißeste Transferfenster aller Zeiten». Auch Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick sieht das Ende des Wettstreits vor allem um große Talente noch längst nicht gekommen. Es werde «noch in ganz andere Bereiche gehen».
Für andere wie BVB-Coach Thomas Tuchel ist der Markt längst «verrückt». Kölns Geschäftsführer Jörg Schmadtke hält die Entwicklung für kleinere Vereine für «gefährlich», wenn sie dem wachsenden Preisdruck nachgeben: «Dass der eine oder andere Club glaubt, er müsse da mithalten, könnte zum Problem werden. Ich bin gespannt, wenn einige in ein oder zwei Jahren Kassensturz machen.»
Fotocredits: Guido Kirchner
(dpa)