«Bruchpilot»: Bretschneider ist der große Turn-Verlierer
Rio de Janeiro – Andreas Bretschneider ist der große Verlierer im deutschen Turn-Team. Dreimal ging er in Rio an die Reckstange, doch auch im Mehrkampffinale bestätigte er sein Negativ-Image als «Breti, der Bruchpilot».
Der Mann, der das Risiko so liebt, der sich kühn über die Stange stürzt, war am Verzweifeln. «Irgendwie gehört es zu meinem Leben, dass ich die Dinge nicht richtig auf die Reihe bekomme», sandte er in der Mixed-Zone schon eine Art Hilferuf aus.
«Natürlich ist das Kopfsache», gab er zu. «Gern würde ich es auf das Reck schieben, aber das war echt ganz gut», meinte der «Mann der klaren Worte», wie er sich selbst bezeichnet. Seinen vulgären Vergleich, mit dem er vor dem Team-Finale für Aufmerksamkeit sorgte, hat er inzwischen sicher bereut. Seinem Ruf tat der schräge Vergleich des Lebens der Turner mit dem einer Hure nicht gut.
Doch Andreas Bretschneider wäre nicht er selbst, wenn er nicht auch seine letzte Chance in Rio genutzt hätte. Doch im Mehrkampf-Finale misslang dem Sachsen der Versuch, erstmals den von ihm kreierten Doppelsalto mit zwei Schrauben in gestreckter Ausführung zu präsentieren. Hätte es geklappt, wäre er zum zweiten Mal als Erfinder des schwersten Elements der Turn-Geschichte («Bretschneider 2») in den Code d’Pointage, das Regelwerk der Turner, aufgenommen worden.
So aber bleibt die Seite im Handbuch des Weltverbandes vorerst unbeschrieben. Und Bretschneider nur das Prinzip Hoffnung. «Ich mache noch vier Jahre weiter. Und irgendwann werde ich das Ding bringen, das ich im Training hier in Rio jedes Mal gezeigt habe. Erst beim Einturnen hat es geklappt, aber was nutzt mir der Szenen-Applaus der Turner, wenn es in der Wettkampf-Halle wieder schief geht?»
Sorge, dass in den nächste Monaten ein anderer Turner «sein» Element – den Doppelsalto mit zwei Schrauben in gestreckter Ausführung – kopiert und ihm dann seinen Namen gibt, hat Bretschneider nicht. Es ist so riskant, dass es die FIG als erstes Element in der Kategorie I (0,8 Punkte) eingestuft hatte. Schon mit der gehockten Variante, dem «Bretschneider 1», war er als Vorreiter in die Turn-Geschichte eingegangen. Noch nie zuvor war für ein Element die Kategorie H (0,7) vergeben worden. Eine Medaille hat es ihm indes noch nie eingebracht.
Auf jeden Fall wird er nach der Heimkehr an beiden Schultern MRT-Untersuchungen machen lassen, um zu klären, ob eine Operation fällig wird. Bis dahin geht die Fehlersuche weiter. «Vielleicht liegt es an den Klamotten, denn beim Einturnen mache ich das ja immer mit freien Oberkörper», rätselte er. Nach Beratungen mit den Übungsleitern muss sich auf jeden Fall auch im Training etwas ändern. Aber in Rio wird er nun erst einmal die Gelegenheit nutzen, um – wie er versprach – «Fabian Hambüchen am Dienstag im Reck-Finale zur Medaille zu brüllen».
Fotocredits: Tatyana Zenkovich
(dpa)