Bolt vs. Gatlin: «Ganze Welt schaut neun Sekunden zu»

Rio de Janeiro – Das Spektakel beginnt. Wieder wollen Usain Bolt und Justin Gatlin eine Show der Extraklasse abliefern. Die Ouvertüre für dieses schillernde Leichtathletik-Duell bei den Olympischen Spielen steigt am Samstag in Rio de Janeiro mit den Vorläufen über 100 Meter.

Das heiß ersehnte Finale findet am Sonntag (22.25 Uhr Ortszeit/03.25 MESZ) statt. Ein Überblick zum Duell Bolt vs. Gatlin.

DER SUPERSTAR: Ein Mann, ein Mythos. Usain Bolt will mit einem Sieg über die 100 Meter den Grundstein für sein drittes Gold-Triple bei Olympia legen. In Rio de Janeiro zog sich der Superstar vornehmlich zurück. In der Ruhe liegt die Kraft. «Ich mache nicht viel», erzählte er und hielt sich im Olympischen Dorf meist in seinem Zimmer auf. Die Ziele sind aber wie immer ambitioniert. Seinen Weltrekord über 200 Meter will Bolt verbessern. Der Unterhaltungscharakter soll auch nicht zu kurz kommen. «Ich bin ein Sprinter, aber auch ein Entertainer», betonte Bolt, dessen Bestmarke über 200 Meter seit sieben Jahren bei 19,19 Sekunden liegt. «Ich versuche, den Unterschied zu machen – deshalb lieben mich die Leute.» Diesen Unterschied soll Gatlin zu spüren bekommen.

DER HERAUSFORDERER: Auf die Frage, wie er sich vor den Duellen mit Bolt fühle, antwortete Justin Gatlin: «Hungrig.» Es sind seine dritten Spiele. Mit 34 Jahren ist Gatlin im Spätherbst seiner Karriere. Zwölf Jahre nach seinem 100-Meter-Gold von Athen will Gatlin Rio de Janeiro vor allem genießen. «Wenn ich da rausgehe, werde ich feiern und eine tolle Zeit haben», kündigte er an. Bei Gatlin läuft die Skepsis aber immer mit. Zwei Dopingsperren musste er abbrummen. «Das System hat funktioniert. Ich denke, die Leute müssen aufhören, Richter, Gericht und Henker zu sein und das System seinen Job machen lassen», sagte er der Agentur AP. «Ich bin mit der Strafe zurechtgekommen, ich habe mich weiterentwickelt.» Ob es seine letzten Duelle mit Dauerrivale Bolt werden? «Darüber habe ich mir echt keine Gedanken gemacht», beteuerte der zweimalige Weltmeister. «Es wird ganz besonders, ich muss bereit dafür sein.»

DIE FORM: Rund lief das Jahr für Bolt nicht. «Es war keine perfekte Saison, aber ich bin nun in einer viel besseren Form und schneller», versicherte er. Der elffache Weltmeister hatte im Juli wegen einer Oberschenkelverletzung pausieren müssen. Im Fernvergleich mit seinem Erzrivalen Gatlin liegt Bolt hinten. 2016 lief der US-Athlet 9,80 und 19,75 Sekunden über die beiden Sprintdistanzen, Bolt kam auf 9,88 und 19,89 Sekunden. Hat das viel zu bedeuten? Nicht wirklich. Schon vor der WM 2015 war die Konstellation ähnlich. Am Ende triumphierte Bolt. Gatlin fühlt sich nach eigener Einschätzung konstanter als noch in früheren Jahren. Bevor es in Rio nun richtig losgeht, weiß er: «Die ganze Welt schaut uns für neun Sekunden zu.»

DIE ANDEREN: Trayvon Bromell ist 13 Jahre jünger als sein Landsmann Gatlin und führt die Riege der neuen Rivalen an. 2015 holte er in Peking WM-Bronze, im März sicherte er sich den WM-Titel in der Halle über 60 Meter. Alledings plagten Bromell lange Achillessehnenprobleme. Bolts Landsmann Yohan Blake ist auch für eine Medaille gut. Nach mehreren verletzungsbedingten Pausen nähert sich der Silbermedaillengewinner von London wieder seiner Bestform an. Viermal blieb Blake in diesem Jahr unter der 10-Sekunden-Marke. Bei der WM 2011 in Daegu hatte er über 100 Meter triumphiert – Bolt patzte damals mit einem Fehlstart.

UND DER REST DER WELT? Aus europäischer Sicht werden dem Franzosen Jimmy Vicaut die besten Chancen auf eine Medaille eingeräumt. Bei der EM enttäuschte er allerdings: Statt Gold holte er nur Bronze. Julian Reus verbesserte in diesem Jahr den deutschen Rekord gleich zweimal, zuletzt auf 10,01. Naht die erste Zeit eines Deutschen unter 10 Sekunden)? Für den Wattenscheider wäre schon der Finaleinzug eine Riesenüberraschung.

Fotocredits: John G.Mabanglo
(dpa)

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