Bewerberfreundlich gleich arbeitgeberfeindlich? – Das AGG

Das Grundgesetz, als das ranghöchste deutsche Gesetz, schreibt in Artikel 2 die allgemeine Handlungsfreiheit vor. Unter dieser schwerfälligen juristischen Formu-lierung fällt unter anderem die Prämisse, dass jeder Bürger darin frei ist, mit wem und worüber er Verträge schließt. Doch diese Freiheit hat Einschränkungen. Im Jahre 2006 wurde das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – kurz AGG – eingeführt.

Alle sind gleich – auch bei der Bewerbung

Bereits die Verfassung bestimmt in Artikel 3, dass niemand aufgrund „seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt werden“ darf. Doch die Bestimmungen der Verfassung gelten nur für den Staat. Um diese Maxime auch zwischen den Bürgern durchzusetzen, erließ der Gesetzgeber das AGG. Danach sind „Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität“ unzulässig (§1 AGG). Für Arbeitgeber auf der Suche nach neuen Mitarbeitern wurde diese Reglung darin konkretisiert, dass Ihre Auswahlkriterien nicht diskriminierend im Sinne des AGG sein dürfen. Demnach ist ein Stellenangebot, das sich ausschließlich an Männer richtet, unzulässig. Noch nicht abschließend geklärt ist, ob ein Stellenangebot ausnahmsweise dann erlaubt sein soll, wenn es Frauen bevorzugt. Dafür spricht, dass die Verfassung davon spricht, dass bestehende Nachteile beseitigt werden sollen; in Branchen mit niedrigem Frauenanteil wäre eine Bevorzugung von Frauen erlaubt. Gegen eine solche Meinung spricht aber, dass ein solches Konstrukt das AGG in seiner Gesamtheit unterminieren würde; mit einer Ungleichbehandlung könne keine Gleichbehandlung erzwungen werden. Wer ein Stellenangebot aufgibt, sollte sich auf der sicheren Seite wissen und besser auf jegliche Art von Benachteiligungen verzichten.

Die erlaubte Lüge

Der Arbeitgeber darf seine Personalwahl mithin nicht von beliebigen Kriterien abhängig machen. Aber was tun, wenn er trotzdem unzulässige Fragen stellt: darf der Bewerber dann lügen? Grundsätzlich gilt, wer beim Vertragsschluss angelogen wurde, darf den Vertrag nachträglich anfechten, also vernichten. Die Frage, ob dies auch bei unzulässigen Fragen gilt, bewegt sich in der juristischen Grauzone; gemeinhin wird die Ansicht vertreten, dass der Bewerber ausnahmsweise lügen darf. Folglich sollte jeder Arbeitgeber bei der Ausschreibung von Arbeitsplätzen sich auf neutrale Fragen beschränken, die ausschließlich leistungsbezogen sind. Dagegen sollten auf Fragen verzichtet werden, die zu sehr von der Person des Bewerbers als solchen abhängen. Eine Ausnahme der zulässigen personenbezogenen Kriterien sind Fragen nach der lokalen Herkunft. Demnach darf ein Bayer die Bewerbung eines Ostdeutschen ablehnen, da Ostdeutschland keine eigene Ethnie begründet.

Fazit: neutrale, statt personenbezogene Kriterien

Vor der Einführung des AGG befürchteten viele Arbeitgeber millionenhohe Einbußen bedingt durch Schadensersatzforderungen von abgelehnten Bewerbern, die sich benachteiligt fühlten. Doch seit nun fast sechs Jahren ist das Gesetz in Kraft und die Befürchtungen sind nicht wahrgeworden. Im Gegenteil, das erklärte Ziel, für mehr Pluralität bei den Angestellten zu sorgen, hat das Gesetz teilweise erreicht. Ein Arbeitgeber braucht sich vor dem vermeintlich arbeitgeberfeindlichen AGG nicht zu fürchten, solange er sich bei der Stellenausschreibung möglichst auf leistungsbezogene Kriterien beschränkt und auf personenbezogene Fragen bestenfalls gänzlich verzichtet.

 

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