Beiersdorfers karge Bilanz: Kaum sportlicher Aufschwung
Hamburg – Beim Hamburger SV steht nicht nur Trainer Bruno Labbadia im Fokus, auch Dietmar Beiersdorfer wird immer mehr zur Zielscheibe. Der Vorstandsvorsitzende ist seit Juli 2014 Chef der Fußball-AG und soll den Bundesliga-Dino nach Jahren des Niedergangs in eine blühende Zukunft führen.
«Didi, Didi», skandierten einst die Fans begeistert. Heute herrscht Ernüchterung und Enttäuschung. Denn in den vergangenen zwei Jahren ist der Verein sportlich kaum vorangekommen. Die Bilanz ist dürftig: Im ersten Jahr stand die glückliche Rettung in der Relegation gegen den Zweitligisten Karlsruher SC, im zweiten Jahr gab es einen schmeichelhaften zehnten Platz, der besser klingt, als die Mannschaft spielte. Das dritte Jahr begann mit vier sieglosen Spielen und desolaten Leistungen auf dem Rasen. «Der Frust ist sehr groß», gibt Beiersdorfer zu.
Der Clubboss, der als Sportchef von 2002 bis 2009 eine erfolgreichere HSV-Ära erlebte, hat sich seine Rückkehr nach Hamburg anders vorgestellt. Er wollte die Krise schnell hinter sich bringen und das Fundament für einen Aufschwung legen. Der einstige HSV-Profi propagiert Kontinuität, ist aber immer wieder zu Brüchen gezwungen: Zwei Trainer (Mirko Slomka, Josef Zinnbauer) setzte er in zwei Jahren vor die Tür, in Labbadia bangt Coach Nummer drei um seinen Job. Auch zwei Sportchefs (Oliver Kreuzer, Peter Knäbel) verloren ihre Posten.
Wirtschaftlich hängt der Verein am Tropf. Verbindlichkeiten von rund 91 Millionen Euro setzen den einstigen Europapokalsieger die Daumenschrauben an. Ohne Milliardär Klaus-Michael Kühne hätte der Club wohl keine Erstliga-Zukunft mehr. Allein für Transfers gab der Logistik-Unternehmer in dieser Saison rund 30 Millionen Euro. Dafür verlangt er Platz sechs bis acht. Beobachter fragen: Ist Beiersdorfer noch Chef im eigenen Haus oder diktiert Anteilseigner Kühne die Vereinspolitik? «Wir sind froh, so einen Mann an unserer Seite zu haben», sagt Beiersdorfer.
Der 52 Jahre alte Franke ist kein Freund von schnellen Entschlüssen. Er wiegt alle Meinungen lange gegeneinander ab, gilt als Zauderer. Seine betuliche Vorgehensweise hatte den früheren HSV-Chef Bernd Hoffmann oftmals in Rage gebracht. Genauso vorsichtig ist er in seinen Statements. Beiersdorfer ist eine ehrlich Haut, lehnt es ab, eloquenteren Kollegen nachzueifern, die die Öffentlichkeit heute wortreich beschwichtigen, um morgen eine gegenteilige Entscheidung zu verkünden. «Dann sage ich lieber gar nichts», entschuldigt er sich. Die Zurückhaltung wird ihm als Schwäche ausgelegt.
30 neue Spieler für rund 87 Millionen Euro sind in seiner Amtszeit bereits geholt worden. Aber wer auch kam oder ging, die Spielweise des HSV hat sich nicht wesentlich verändert. Ein immer gehörtes Argument: Der große Umbruch braucht seine Zeit. Zeit, die der Dino im Bundesliga-Geschäft aber nicht hat.
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(dpa)