Bahn-Vierer mit deutschem Rekord – Eilers und Levy weiter
Rio de Janeiro – Kersten Thiele ballte die Faust und in der deutschen Box hellte sich schlagartig die Stimmung auf. Der einst so ruhmreiche deutsche Bahn-Vierer hat sich mit einem deutschen Rekord nach zwölf Jahren auf der Olympia-Bühne stark zurückgemeldet.
Das Team wurde in 3:56,903 Minuten gestoppt und verbesserte die eigene Bestmarke von der WM 2015 um zwei Zehntelsekunden. Trotzdem verpasste der Vierer die Finalläufe und wurde am Ende Fünfter. Das Highlight war aber die große Show von Bradley Wiggins und Co., die dem britischen Vierer in der Weltrekordzeit von 3:50,265 Minuten den Olympiasieg vor Australien (3:51,008) sicherten. Die Briten unterboten im Endlauf ihren im Lauf zuvor bereits erzielten Weltrekord von 3:50,570 Minuten.
«Das war geplant, aber nicht absehbar. Es war einfach ein perfekter Lauf. Es hat alles geklappt», sagte Nils Schomber nach dem Ausrufezeichen, das er zusammen mit Theo Reinhardt (Berlin), Kersten Thiele (Erfurt) und Domenic Weinstein (Unterbaldingen) gesetzt hatte.
Dass es nicht zu einer Medaille reichte, war im deutschen Team erwartet worden. «Das wäre auch vermessen gewesen. Wir sind froh, dass wir uns wieder für die Spiele qualifiziert haben», bilanzierte Chefcoach Sven Meyer. Sein Team war mit der Zeit aber immer noch gut sechs Sekunden langsamer als der britische Hochgeschwindigkeits-Express, der seinen eigenen Weltrekord unterbot und am Abend das Finale gegen Australien bestritt.
«Auf lange Sicht wollen wir da auch irgendwann hin», sagte Meyer und auch Sportdirektor Patrick Moster hat für die Zukunft höhere Ansprüche: «Der olympische Gedanke zählt, kann aber nicht unser Ziel sein. Wir wollen 2020 wieder dort sein, wo wir 2000 mal waren.» In Sydney war der deutsche Vierer damals – angeführt von Robert Bartko – zu Gold gerast und hatte als erstes Team überhaupt die Vier-Minuten-Schallmauer durchbrochen.
Zu der Zeit war der Vierer noch eine sichere Medaillenbank. Fünf Olympiasiege und 16 Weltmeistertitel dokumentieren eine fast einzigartige Erfolgsgeschichte. Doch nach Sydney begann der tiefe Fall des einstigen Aushängeschildes. Für Athen 2004 hatte sich die deutsche Mannschaft noch qualifiziert, aber keine Medaille mehr geholt. Danach war eine deutsche Mannschaft sogar zweimal gar nicht vertreten gewesen.
Viele Bundestrainer (Bernd Dittert, Uwe Freese, Andreas Petermann, Michael Max/interimsmäßig) versuchten sich seitdem meist erfolglos am Projekt Vierer. Seit 2011 steht Meyer in der Verantwortung, und allmählich geht es unter dem Sauerländer aufwärts. Bei der WM 2015 in Paris hatte die Mannschaft in 3:57,116 Minuten sogar den deutschen Rekord verbessert, den sie nun in Rio nochmals toppten. Begünstigt wurde der Aufwärtstrend auch durch die Gründung des Radteams radnet-Rose, womit die Fahrer wieder eine sportliche Heimat haben.
«Wir haben bis auf Henning Bommel Fahrer im Team, die auch in Tokio fahren können», sagt Moster und erwartet eine weitere Steigerung. Wie es ohne Bommel geht, musste die Mannschaft in Rio bereits zeigen. Der Berliner fiel kurzfristig mit einer Magenverstimmung aus. Es war quasi der Startschuss für das Team Tokio 2020.
Unterdessen sind Joachim Eilers (Chemnitz) und Maximilian Levy (Cottbus) im Sprint ins Achtelfinale gefahren. Nach der Enttäuschung vom Vortag im Teamsprint qualifizierte sich Levy über den Hoffnungslauf für die Runde der letzten 16. Eilers gelang es auf direktem Weg, weil er in seinem Duell in 10,428 Sekunden schneller war als der Pole Damian Zielinski.
Überragend waren die Briten Jason Kenny (9,551) und Callum Skinner (9,703). Eilers und Levy hatten am Donnerstag zusammen mit Rene Enders nur den fünften Platz im Teamsprint belegt und damit die fest eingeplante Medaille verpasst.
Fotocredits: Felix Kästle,Felix Kästle,Felix Kästle
(dpa)