Aufsteiger Kiel mischt die Liga auf und begeht Feiertag

Kiel – Den Platz an der Tabellenspitze würde Holstein Kiel am liebsten nicht mehr hergeben. Die «Störche», wie der Fußball-Zweitligist wegen seiner traditionellen Spielkleidung in Weiß mit roten Strümpfen genannt wird, mischen als Aufsteiger die Liga auf und stehen überraschend ganz oben.

Am Dienstag kommt es zum besonderen Duell mit Nordrivale FC St. Pauli. Das Stadion ist seit Wochen ausverkauft, 12 000 Zuschauer werden dabei sein. Nach langer Durststrecke im Norden erzeugt der Meister von 1912 eine gewaltige Euphorie in der Stadt des Handballs.

Die Konkurrenz ist überrascht. Dass der Neuling in seiner ersten Zweitligasaison nach 36 Jahren so einschlägt, war nicht zu erwarten. «Guter Trainer, gute sportliche Leitung, gute Mannschaft. Das passt», nennt Holsteins Präsident Steffen Schneekloth die Erfolgsformel. Was mit dem 2:2 gegen Sandhausen und einem 3:4 bei Aufstiegskandidat Union Berlin turbulent, aber nur mäßig erfolgreich begann, schlug in fünf Siege in Serie um. Einer davon stammt aus dem DFB-Pokal gegen Fast-Aufsteiger Eintracht Braunschweig. Nach sechs Ligaspielen hat Kiel 13 Punkte eingefahren, siegte viermal.

Die Mannschaft von Holstein Kiel sieht in der 2. Liga nur marginal anders aus als in der Vorsaison eine Spielklasse tiefer. Trotzdem ist sie erfolgreich – oder gerade deshalb. «Die Mannschaft hatte Zeit, sich zu entwickeln. Die Bausteine wurden nach und nach zusammengefügt. Spieler brauchen Zeit, Abläufe zu verinnerlichen», erklärt Ralf Becker, Holsteins Geschäftsführer Sport, das Modell.

Der Ideengeber dafür ist Trainer Markus Anfang. Holstein Kiel demonstriert eine erfrischend offensive Spielweise. Nicht umsonst hat Anfangs Team 15 Tore erzielt, so viele wie kein anderer Zweitligist. «Die Trefferquote ist schön. Aber unsere Basis ist das Zweikampfverhalten, die Defensive», sagt Becker. Das schärft Anfang seinen Jungs permanent ein. Deshalb war er nach dem jüngsten 3:0 bei Erzgebirge Aue erstmals rundum zufrieden. «Endlich einmal zu null gespielt. Darüber bin ich glücklicher als über die Tabellenführung», sagt der Trainer. Der 43-Jährige ist als Nachwuchscoach von Bayer Leverkusen an die Förde gewechselt und erweist sich als Glücksgriff.

Die Partie gegen den FC St. Pauli ist für die KSV Holstein ein Riesenereignis. Sein zehneinhalb Jahren haben beide Mannschaften kein Punktspiel mehr gegeneinander bestritten. «Das wird ein absoluter Feiertag», versichert Mittelfeldakteur Dominick Drexler. Besonders St. Paulis Leihgabe Marvin Ducksch in den Kieler Reihen steht im Fokus. Mit fünf Toren ist er derzeit bester Zweitliga-Schütze. «Ein besonderes Spiel», meint der Torjäger. «Aber in dieser Saison liegt meine Konzentration zu 100 Prozent bei Holstein Kiel.»

Fotocredits: Thomas Eisenhuth
(dpa)

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