Atlas Delmenhorst vor «Jahrhundertspiel» gegen Werder
Delmenhorst (dpa) – Atlas Delmenhorst nennt es schlicht und einfach das «Jahrhundertspiel». Die Erstrunden-Partie im DFB-Pokal am Samstag (20.45 Uhr) gegen den großen Nachbarn Werder Bremen ist für den Fünftligisten gleich in mehrfacher Hinsicht das große Los.
Die Freizeitkicker aus Delmenhorst treffen nicht nur auf einen Fußball-Bundesligisten, sondern in Claudio Pizarro und Co. auf die Spieler, denen sie sonst als Fans im Bremer Weserstadion zujubeln.
«Sich auf andere Dinge zu konzentrieren ist im Moment sehr schwer», sagt Atlas-Kapitän und Werder-Fan Nick Köster. Auch wenn der Zuschauer-Rekord für Amateurclubs im DFB-Pokal (Germania Windeck spielte 2010 in Köln vor 41.100 Besuchern in der 1. Runde gegen Bayern München) voraussichtlich knapp verpasst wird, werden die Delmenhorster vor über 40.000 Fans auflaufen. «Ich denke schon sehr oft an das Spiel. Ich muss mich da schon ermahnen, sonst kann ich gar nicht mehr schlafen», sagt Verteidiger Leon Lingerski.
Vor sieben Jahren spielte Atlas noch in der Kreisklasse Oldenburg-Land. Nach einer Insolvenz und Neugründung fing der Verein ganz unten an. In den achtzigern und Neunzigern kickte Atlas phasenweise in der Drittklassigkeit. Doch das Pokal-Los gegen die Hanseaten toppt alles bisherige. Weniger als 15 Kilometer liegen zwischen dem Heim-Stadion der Delmenhorster und dem Weserstadion. Sogar eine Radtour am Spieltag zur Bremer Arena stand zur Debatte. «Aus Sicherheitsgründen geht das leider nicht», erklärte Atlas-Vorstandsmitglied Bastian Fuhrken.
Gründungsmitglied Fuhrken hat einen guten Draht zu Werder-Trainer Florian Kohfeldt. Der Bremer Coach wuchs in Delmenhorst auf, hütete einige Jahre beim TV Jahn Delmenhorst das Tor. Von «epischen Schlachten» oder «alten Rechnungen» gegen den Lokalrivalen kann der 36 Jahre alte Kohfeldt nicht berichten. Dafür stachelte er den Pokal-Gegner etwas an. «Jahn ist der schönste Verein in Delmenhorst», betonte der Werder-Trainer schmunzelnd. «Das wird ein Riesenfußballfest, aber wir werden keine Geschenke verteilen.»
Der Oberligist hatte neben der Prämie für die Teilnahme am DFB-Pokal in Höhe von über 120.000 Euro auch auf den Großteil der Zuschauer-Einnahmen gehofft. Doch Werder spielte nicht mit. Da der Deutsche Fußball-Bund den Delmenhorstern genehmigte, das Match als Gastgeber im Stadion des Pokal-Gegners auszutragen, wird der Club so oder so mit einem dicken Plus die 1. Runde beenden. «Es ist wie im Traum», sagte Fuhrken.
Der wird am Samstag Wirklichkeit. «Wir haben natürlich Respekt vor Werder, aber keine Angst», erklärte Torhüter Florian Urbainsky, der bis zur A-Jugend bei Werder von einer Profi-Karriere träumte. Urbainsky schaffte den Sprung nicht und landete damals in der dritten Mannschaft der Bremer. Ebenfalls im Team: Florian Kohfeldt. «Konkurrenten waren wir nicht. Es war klar, dass Florian die Trainerlaufbahn einschlagen wird», sagte der 29-Jährige.
An eine Sensation im Weserstadion glaubt beim SV Atlas niemand. «Wir träumen nur bis zum 10. August», sagte Atlas-Präsident Manfred Engelbart bei einem Besichtigungstermin der gesamten Mannschaft am Spielort. «Dass dieses Spiel überhaupt hier stattfindet, ist schon größer als jeder Traum, den wir jemals hatten.»
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(dpa)