Adler schäumt nach HSV-Debakel gegen Frankfurt
Hamburg – René Adler hatte die Nase gestrichen voll. Schon während der 0:3 (0:1)-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt stauchte der Torhüter des Hamburger SV seine Mitspieler zusammen, hinterher schimpfte er wie ein Rohrspatz.
«Ich habe keinen Bock, mich nach jedem Spiel auspfeifen zu lassen, das kotzt mich an. Wir haben alles vermissen lassen, was man braucht, um in der Bundesliga zu gewinnen», fauchte Adler. «Wir lassen uns da abschlachten.»
26 Tage nach seinem Start beim HSV wirkte Trainer Markus Gisdol angesichts seiner desolat verlaufenen Heimpremiere zwar ruhig, aber ziemlich ernüchtert. «Natürlich bin ich sehr enttäuscht. Wir hatten uns sehr viel vorgenommen, wollten mutig auftreten. Das ist uns nicht gelungen. Wir waren immer einen Schritt zu spät, ängstlich», sagte der Nachfolger von Bruno Labbadia.
Im sechsten Spiel nacheinander gelang den Norddeutschen kein Treffer, damit stellte die Mannschaft den Negativrekord des Vereins aus der Saison 2014/15 ein. 572 Minuten ohne Torerfolg – und bis auf eine Chance von Pierre-Michel Lasogga kreierte der HSV nicht einmal gefährliche Situationen und bleibt auf einem Abstiegsplatz.
Hilflos musste Gisdol mit ansehen, wie sein Experiment, den vom FC Barcelona für fünf Millionen Euro verpflichteten Alen Halilovic als Regisseur aufzubieten, gründlich daneben ging. Der «Mini-Messi» agierte zu ungestüm und eigensinnig. Als Mittelfeldspieler Lewis Holtby (35. Minute) ins eigene Netz traf und Dennis Diekmeier (57.) mit Gelb-Rot vom Platz flog, war der Abend gelaufen.
Wie beim 0:4 Mitte September gegen den VfB Leipzig ergaben sich die Norddeutschen – die Treffer von Shani Tarashaj (60.) und Haris Seferovic (69.) waren die logische Folge. Einzig Adler verhinderte ein noch schlimmeres Debakel. Die HSV-Fans unter den 52 258 Besuchern warfen volle Bierbecher, pfiffen und drehten den HSV-Profis nach Schlusspfiff demonstrativ den Rücken zu. Sogar Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic erkannte: «Man merkt, dass der HSV verunsichert ist.»
«Heute ist einfach alles dumm gelaufen. Der Kopf spielt jetzt natürlich auch eine Rolle. Auch ich treffe den Ball nicht richtig», erklärte Nicolai Müller, der weit unter seiner Form der Vorsaison agiert. Gisdol erklärte: «Die Mannschaft hat zurzeit keine Stabilität, keine Sicherheit.»
Dem 47-Jährigen war bei seinem Antritt im Volkspark klar, dass er eine Menge Arbeit vor sich hat – aber so viel? «Natürlich bin ich mir der Schwere der Aufgabe hier bewusst, dass das ein langer und harter Weg ist. Ich weiß aber auch, dass wir es hinbekommen.» Wenn der angeschlagen ausgewechselte Emir Spahic ausfallen sollte, muss Gisdol erneut improvisieren. Nur wie? «Das ist für uns eine Katastrophe, wir haben keine Innenverteidiger mehr.»
Am Dienstag geht es im DFB-Pokal zum Drittligisten Hallescher FC, danach zum Überraschungsteam 1. FC Köln und Anfang November gegen Borussia Dortmund. Wenn der HSV nicht schnell die Kurve kriegt, könnte er vor Weihnachten schon den Anschluss ans Mittelfeld verloren haben.
Fotocredits: Axel Heimken
(dpa)