Abschied vom Turbo-Abi: Niedersachsen kehrt als erstes Bundesland zu G9 zurück

Überforderte Schüler, gestresste Lehrer und besorgte Eltern: der Protest gegen das Abitur nach zwölf Jahren war groß. Als erstes Bundesland reagiert Niedersachsen nun auf die anhaltende Kritik und kehrt zum Abitur nach 13 Jahren zurück. Die wichtigsten Änderungen gibt es hier im Überblick.

Gymnasialreform: mehr Zeit zum Lernen und Leben

Seit seiner Einführung steht das Abitur nach zwölf Jahren, also das achtjährige Gymnasium (G8), in der Kritik. Die Proteste zeigen nun Erfolg: in Niedersachsen haben Gymnasiasten nach den Sommerferien 2015 wieder ein Jahr länger Zeit für das Abitur. Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) möchte damit zum einen Schüler und Lehrer entlasten und zum anderen wieder mehr Raum für die Förderung von Schülern schaffen. Niedersachsen werde ein „neues modernes Abitur nach 13 Jahren“ einführen, das sich aber nicht an den alten Lehrplänen orientiere. Außerdem werde es in Gymnasien in Zukunft mehr Möglichkeiten zur Berufs- und Studienorientierung geben.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

  • Wahlfreiheit: Leistungsstärkere Schüler haben auch weiterhin die Möglichkeit, abweichend von der neuen gymnasialen Regelzeit nach zwölf Jahren das Abitur zu machen.
  • Weniger Wochenstunden: In den Jahrgängen fünf bis 13 wird die Pflichtstundenzahl pro Woche auf maximal 30 gesenkt.
  • Weniger Pflichtkurse: In der Oberstufe müssen statt 36 Kursen künftig nur noch 32 verpflichtend belegt werden – sie fließen weiterhin in die Abiturnote mit ein.
  • Weniger Klausuren: Auch die Menge der Klausuren soll gesenkt werden, genaue Zahlen gibt es dafür aber noch nicht.

Die „Reform der Reform“ stößt nicht nur auf positive Reaktionen

Obwohl die Rückkehr zum Abitur nach 13 Jahren bei Schülern, Lehrern und Eltern auf Begeisterung stößt, ist sie umstritten: Schulforscher betonen, dass es für die Lernqualität unerheblich sei, ob für das Gymnasium acht oder neun Jahre vorgesehen sind. In Ostdeutschland etwa ist das Abitur nach zwölf Jahren etabliert – über Stress und Überforderung klagt hier kaum jemand. Kritiker befürchten zudem, dass die Bildungspolitik in Deutschland immer mehr zum Flickenteppich wird.

Ein Vorbild für andere Bundesländer?

Bayerns Schulminister Ludwig Spaenle (CSU) räumte hingegen ein: „Das G8 für alle ist überholt, das G9 für alle aber auch.“ Die neue Lösung, für die sich das niedersächsische Kultusministerium entschieden hat, könnte ein guter Kompromiss sein. Spaenle und die bayrische Landesregierung seien gesprächsbereit, wenn es um die Dauer des Gymnasiums gehe. In Bayern wirbt bereits ein Volksbegehren für die Wahlfreiheit zwischen G8 und G9.

 

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