Abschied mit Tränen: «Servus Basti»

Mönchengladbach – Die Luft reichte für 66 Minuten. Dann war der Fußball-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger Geschichte. Der 32 Jahre alte Kapitän umarmte den Schiedsrichter, applaudierte den Fans und ging strahlend vom Rasen. 1:0 führte Weltmeister Deutschland da gegen Finnland.

Schweinsteiger umarmte erst am Spielfeldrand den für ihn eingewechselten Dortmunder Julian Weigl, dann verabschiedete er sich nacheinander von Bundestrainer Joachim Löw und allen, die auf und neben der deutschen Ersatzbank saßen. Die schwarz-rot-goldene Kapitänsbinde blieb am rechten Arm, sie übernahm später Thomas Müller. Schweinsteiger ging als Käpt’n.

Einen emotionalen Abend hatte Schweinsteiger vorhergesagt. Aber es kam noch extremer als von ihm selbst erwartet. Schon vor dem Anpfiff übermannten ihn die Gefühle. «Dass es so schön sein würde, hatte ich mir nicht vorstellen können», sagte der Star des Abends nach dem Spiel im ZDF. «Die Nationalmannschaft ist wie eine Familie.» Bundestrainer Joachim Löw würdigte ihn: «Ohne ihn wären die Erfolg nicht möglich gewesen.»

Die Tränen rannen nur so aus Schweinsteigers Augen, als er vor den Nationalhymnen auf dem Rasen verabschiedet wurde, das Publikum ihm stehend applaudierte. In der Fankurve gab es eine Choreographie: «Deine Leidenschaft und dein Kampfgeist haben die Mannschaft geprägt – Basti wir sagen danke und wehmütig SERVUS.»

Nach Worten des Danks von DFB-Präsident Reinhard Grindel wandte sich Schweinsteiger auch via Mikrofon an die Zuschauer: «Das bedeutet mir sehr viel, dass jeder einzelne hier steht.» 30 121 Besucher waren immerhin gekommen, um ihn ein 121. und letztes Mal im Nationaltrikot spielen zu sehen. «Es war für mich eine große Ehre, für Deutschland und euch Fans zu spielen», sagte der Weltmeister. Die Fans klatschten lange, «Fußball-Gott» schallte durch den Borussia-Park.

Joachim Löw hatte seinem Kapitän zum Abschied zehn überwiegend sehr junge Spieler an die Seite gestellt, die es vor dem Anpfiff zusammen auf weniger Länderspiele brachten als ihr Anführer – 117 zu 120. Das Testspiel-Tempo stellte ihn nicht vor größere Probleme, zudem hielten die finnischen Gegenspieler einen Sicherheitsabstand. Die Zuschauer beklatschten jede Aktion, und Deutschlands Nummer 7 hatte noch ein paar auffällige Szenen: Schweinsteiger passte fein in die Tiefe auf Karim Bellarabi (12.). Ein Freistoß von ihm wurde abgeblockt (17.).

Das erste Tor des Schalkers Max Meyer in der 54. Minute durfte Schweinsteiger noch auf dem Feld mitfeiern. Für einen Plausch mit dem ehemaligen Schalker Teemu Pukki war zwischendurch Zeit. Und ein Flitzer bekam sogar ein Selfie mit seinem Idol. Immerhin trug der Anhänger ein Deutschland-Trikot mit Schweinsteigers «7».

Zumindest dessen Länderspiel-Karriere ist nun beendet. Es war eine Ära, die im Juni 2004 in Kaiserslautern mit dem Debüt im Alter von 19 Jahren beim 0:2 gegen Ungarn begann und ihren absoluten Höhepunkt zehn Jahre später bei der Weltmeisterschaft in Brasilien mit dem «wohlverdienten Titelgewinn» fand, wie es Schweinsteiger ausdrückte.

Der Bayer geht nach einer erfüllten Zeit. «Ich wollte immer die Europameisterschaft noch voll angreifen, das war mein Ziel.» Er erreichte es, auch wenn das Turnier in Frankreich ohne die erhoffte Krönung endete. Es folgte – mit kurzer Verzögerung – der Rücktritt. «Im Urlaub habe ich mir die Frage gestellt, kannst du nochmal die gleiche Leidenschaft wie 2014 bei einer WM bringen? Da musste ich ehrlich zu mir sein und sagen, dass ich das mit Nein beantwortet habe.»

Fotocredits: Federico Gambarini,Federico Gambarini,Maja Hitij,Bernd Thissen,Federico Gambarini,Maja Hitij
(dpa)

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