Schmadtke plant neuen VfL-Angriff auf die Spitze – ab 2020
Wolfsburg – Die spezielle Situation beim VfL Wolfsburg mit Clubeigner VW hat Jörg Schmadtke schnell verinnerlicht. Vor dem Saisonstart am Samstag gegen den FC Schalke 04 spricht der Meister von 2009 und Pokalsieger von 2015 wieder vom Angriff auf die Spitze der Fußball-Bundesliga.
«Der weltgrößte Autobauer wird sich dauerhaft nicht mit Platz 14 zufrieden geben. Das kann ich total nachvollziehen», sagte der neue VfL-Sportchef der Deutschen Presse-Agentur. «Wenn man die Nummer eins in seiner Branche ist, dann will man auch mit seiner Tochter in anderen Bereichen zur Spitze gehören.»
Der VfL rettete sich 2017 und 2018 zwar erst in der Relegation vor dem Bundesliga-Abstieg. Allzu bescheiden mag der VfL-Geldgeber aber wie gewohnt nicht auftreten und forderte via VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh, der dem Präsidium des VW-dominierten VfL-Aufsichtsrat angehört, immerhin schon wieder einen einstelligen Tabellenplatz.
Die Saison hat noch nicht angefangen, da müssen Schmadtke und Trainer Bruno Labbadia die VW-Ansprüche schon bremsen. Denn Schmadtke hält den Angriff auf die internationalen Plätze erst nach «ein bis zwei Jahren» für möglich: «Wir sprechen davon, dass wir uns erst einmal stabilisieren wollen. Das wäre eine Stabilisierung auf extrem hohem Niveau.» Und Labbadia sagte gar: «Es ist schwierig, nach den letzten zwei Jahren Parolen auszugeben. Lasst uns erstmal die ersten Spiele angehen. Wir tun gut daran, mehr zu arbeiten als zu sprechen.»
Trotz der jüngsten Probleme und des ungeduldigen Mutterkonzerns war Schmadtke dennoch wie schon einige prominente – und längst geschasste – Vorgänger schnell zugetan, als VW anfragte. «Ich glaube, dass es hier Dinge gibt, die man besser nutzen kann als man das in den vergangenen beiden Jahren getan hat», sagte der 54- Jährige: «Die Infrastruktur hier sucht ihresgleichen in der Bundesliga. Es gibt nur zwei, drei Clubs, bei denen das ähnlich aussieht.»
Zimperlich geht der Autokonzern freilich nicht mit den leitenden VfL-Angestellten um, die diese Bedingungen nicht zu dauerhaftem Erfolg nutzen können. Labbadia ist bereits der fünfte Coach seit dem Pokalsieg 2015 und Schmadtke der dritte Sportchef binnen dieser drei Jahre. «Kontinuität ist immer wichtig. Aber die lebt auch immer davon, dass man Erfolg hat, beziehungsweise seine gesteckten Ziele erreicht», sagte Schmadtke im Hinblick auf Trainerwechsel.
Mit Spannung wird der Umgang zwischen Coach und Manager beobachtet, die äußerlich kaum etwas verbindet. Der ehemalige Stürmer Labbadia besticht bisher durch sein charmant-entspanntes Auftreten selbst in Stresssituationen. Dazu pflegt der 52-Jährige eher den diplomatischen Umgangston. Dieser ist dem früheren Bundesliga-Keeper Schmadtke fremd. Entwaffnend ehrlich, mitunter knorrig, süffisant und stets ironisch gibt sich der Rheinländer, Äußerlichkeiten sind ihm fremd.
«Man kann auch Erfolg haben, wenn es zwischenmenschlich nicht funktioniert. Das habe ich selbst erlebt», sagte Schmadtke. Zusammen mit Coach Mirko Slomka führte er Hannover 96 zweimal ins europäische Geschäft. Das Duo hatte sich ansonsten aber kaum etwas zu sagen.
Eine gewisse Distanz ist auch zu erkennen, wenn Schmadtke seinen aktuellen Coach eigentlich lobt: «Er ist rundum anwesend und versucht sich überall einzubringen. Er ist ein sehr fleißiger Trainer.» Von guter, detailgetreuer Arbeit sagte Schmadtke hingegen nichts, dabei goutieren die Spieler sogar die harte Vorbereitung: Die VfL-Profis dürften so fit wie lange nicht in eine Saison gehen. Der Vertrag Labbadias gilt aber nur bis zum Sommer. In manchen Clubs gilt das als mangelndes Vertrauen. «Das ist in meinen Augen albern», sagte Schmadtke indes. Sein Vertrauen wird sich in der ersten Krise zeigen.
Fotocredits: Julian Stratenschulte
(dpa)