Bob-Kraftprotz Friedrich lässt sich nicht unterkriegen
Pyeongchang – Nach seinem olympischen Gold-Coup konnte Francesco Friedrich endlich wieder mehr als drei Stunden schlafen.
Dennoch sahen der Zweierbob-Olympiasieger und sein Anschieber Thorsten Margis einen Tag nach dem Thriller in der Bahn von Pyeongchang noch müde aus, als sie sich im Deutschen Haus zum obligatorischen Medientermin einfanden.
Ob es daran lag, dass beide ihren Triumph noch bis etwa 4.00 Uhr morgens an gleicher Stelle gefeiert hatten oder dies die Nachwirkungen ihrer kurzen Nacht vor den entscheidenden beiden Läufen war, war nicht so richtig auszumachen. Dem 27-jährigen Friedrich und dem ein Jahr älteren Mann für den richtigen Schub war es letztlich egal.
«Es war wunderbar», sagte Friedrich über den denkwürdigen Abend zuvor. Nach einer Aufholjagd hatten er und Margis doch noch Gold geholt und sich den Olympiasieg mit dem starken Kanadier Justin Kripps und dessen Bremser Alexander Kopacz geteilt.
In Pyeongchang ist noch mehr möglich. Seinem Viererbob-Team mit Margis, Martin Grothkopp und Candy Bauer versprach Weltmeister Friedrich noch zu nächtlicher Stunde: «Im Vierer fahre ich besser.» Und Margis betonte: «Wir sind es jetzt den Jungs absolut schuldig, dass wir im Vierer Vollgas geben.» Allerdings hat Friedrich in seinem Trainingspartner Nico Walther und im Berchtesgadener Johannes Lochner starke Konkurrenz im eigenen Lager. Walther und Lochner waren im Zweier leer ausgegangen. «Ich sehe alle drei auf Augenhöhe», meinte Spies mit Blick auf das Wochenende.
Dass es für Friedrich doch noch zu Gold gereicht hatte, lag auch an der intensiven Nachtarbeit des Stabs um Cheftrainer René Spies mit Videoanalyse und Optimierung des Schlittens – und dem unerschütterlichen Selbstvertrauen von Friedrich und Margis. «Es gab für uns keine andere Option. Wir haben gesagt: Scheiß egal, wir wollen Gold machen», sagte Margis.
Um auch das Letzte herauszuholen, zog Friedrich in der Zielkurve seinen Kopf ein und holte die drei Hundertstelsekunden Rückstand auf Kripps so wieder heraus. «Im Bobsport kämpft man um jedes Bruchteil einer Sekunde, da kann man schon mal blind durchs Ziel fahren», sagte der viermalige Weltmeister aus dem sächsischen Pirna.
Sonst ist Friedrich keiner, der den Kopf einzieht. Der Kraftprotz zeigt auch abseits der Bobbahn sein Selbstbewusstsein. Allerdings macht er seine Gegner vor allem mit seiner Gelassenheit und Ruhe verrückt. Nur am Start explodiert er – mit seinem kongenialen Partner. Zweimal stellte das Duo einen Startrekord auf. «Es ist wahnsinnig, was Thorsten auch im letzten Lauf noch mal geleistet hat», sagte Cheftrainer Spies, der wie sein Vorzeigepilot vor dem Rennen eine unruhige Nacht hatte.
Friedrich war erst im Januar wieder zum Schlitten vom Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES) zurückgewechselt, weil sein Gefährt der österreichischen Marke Wallner nicht auf Topspeed kam. Ein entscheidender Schritt Richtung Olympiasieg.
Wenn Friedrich am Wochenende im Vierer fährt, wird auch im Bootshaus seiner Heimat mitgefiebert. Wie am Montag. 100 Fans verfolgten den Bob-Thriller. Mama Peggy konnte ihre Tränen nicht mehr halten. «Nach Sotschi hat er nur für diesen Moment hingearbeitet, um endlich die Olympia-Medaille zu gewinnen. Jetzt ist es sogar Gold. Es war ein harter Weg», sagte sie im Pirna-TV. Die Angst um ihren Sohn im Eiskanal hat sie nach schweren Stürzen 2005 und 2006 inzwischen im Griff: «Nee, hab ich nich, der Franz kann’s», sagte sie typisch Sächsisch. Am 1. März wird ihr Junior auf dem Marktplatz groß empfangen.
Fotocredits: Tobias Hase
(dpa)