Vier Spuren auf einmal: Moderne Blitzer machen keine Pause

Wiesbaden – Nahezu jeder Autofahrer hat diesen Schreckmoment wohl schon erlebt: Ein greller Blitz, der reflexmäßige Tritt auf die Bremse und der schnelle Blick aufs Tacho, verbunden mit der bangen Frage: Wie viel drüber?

Laut ADAC liegen jährlich rund 2,8 Millionen Autofahrer dann mindestens 21 Stundenkilometer über dem erlaubten Tempo und kassieren so nicht nur Bußgelder, sondern auch Punkte in Flensburg. Doch wie werden die Vergehen überhaupt gemessen?

Der Klassiker unter den Messgeräten ist der stationäre «Starenkasten». Meist ist er so verbaut, dass er je nach «Schießrichtung» für beide Fahrtrichtungen einsetzbar ist. Dabei werden drei Messingstränge, die sogenannte Piezzokristalle enthalten, im Abstand von etwa einem Meter wenige Zentimeter tief quer zur Fahrbahn verlegt, erläutert Tobias Goldkamp, Fachanwalt für Verkehrsrecht. Fährt ein Auto darüber, wird durch die Verformung der empfindlichen Kristalle Elektrizität erzeugt. Aus dem Abstand der Messingstränge wiederum kann die Geschwindigkeit errechnet werden. «Der Starenkasten an sich ist nur noch für das Foto zuständig.»

Die Tempokontrolle mittels Radar kommt in verschiedenen Bauweisen zum Einsatz, vor allem bei mobilen Blitzern. «Die Messgeräte senden Radarstrahlen aus, die vom Fahrzeug reflektiert werden», sagt Jens Dötsch, Fachanwalt für Verkehrsrecht. «Beim Überschreiten der Messschwelle wird dann ein Fotoapparat ausgelöst, sichtbar durch den Blitz.» Von allen aktuellen Messsystemen ist die Radartechnik die fehleranfälligste. Grund dafür sind die sehr breiten Radarwellen.

Immer häufiger sind silberne Säulen mit dunklen Ringen am Fahrbahnrand zu sehen. Dahinter verbirgt sich ein Laser-Messsystem. «Bei der Lasertechnik werden Lichtimpulse ausgesendet, die von den Fahrzeugen reflektiert werden. Daraus lässt sich die Geschwindigkeit errechnen», erläutert Sebastian Ramb von Vitronic. Die Firma ist wie auch Jenoptik, VDS und Gatso ein Hersteller von Geschwindigkeitsmessgeräten und hat sich auf Laser spezialisiert.

Bis zu vier Fahrspuren lassen sich durch die Laser abdecken. Im Gegensatz zu den Starenkästen gibt es bei den voll digitalisierten Systemen keine Filmspulen mehr, die ausgewechselt werden müssten. «Die Daten können von den Messbeamten entweder über verschlüsselte USB-Sticks ausgelesen werden, oder über eine verschlüsselte Verbindung auch per Daten-SIM versendet werden», sagt Ramb.

Anhand der Zahl der dunklen Ringe ist auch der Messbereich erkennbar. «Säulen mit vier Ringen messen in beiden Fahrtrichtungen, bei drei Ringen wird nur eine Fahrtrichtung abgedeckt.» Im oberen Bereich der Säulen befinden sich hinter den dunklen Abdeckungen die Beleuchtungseinheit mit den Blitzern, im unteren Bereich die Messeinheit mit den Kameras.

Auch die Lichtschrankenmessung kommt immer öfter zum Einsatz. Modelle wie das «ESO ES 3.0» verfügen über fünf Sensoren. Fährt ein Auto hindurch, kann aus der vergangenen Zeit zwischen den Unterbrechungen die Geschwindigkeit errechnet werden, erklärt Dötsch. «Parallel dazu wird auch hier meist ein Fotokasten für das Beweisbild aufgebaut.» Wenn die Polizei auf Autobahnen zur Messung unterwegs ist, wird die Geschwindigkeit meist via Video gemessen. «Als Referenzwert gilt dann die Geschwindigkeit des Polizeiwagens.»

Wer Apps zur Blitzerwarnung oder gar Radarwarner während der Fahrt einsetzt, sollte aufpassen. «Grundsätzlich ist kein Warnsystem erlaubt», sagt Dötsch. Hier drohe ein Bußgeld von 75 Euro und ein Punkt in Flensburg. «Im schlimmsten Fall kann sogar das entsprechende Gerät eingezogen werden.» Verboten ist die Anschaffung der Apps allerdings nicht, und bei der Nutzung im Auto begeben sich die Nutzer in eine juristische Grauzone. Denn bislang ist nicht abschließend geklärt, ob die Nutzung der Apps auch für den Beifahrer verboten ist. Das Warnen vor Blitzern durch die Lichthupe ist nicht erlaubt. Mit Handzeichen hingegen dürfe man durchaus warnen, sagt Goldkamp.

Fotocredits: Stefan Gröpper,Stefan Gröpper,Patrick Seeger,Kai Remmers
(dpa/tmn)

(dpa)
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