KSC-Trauma: Vom Fast-Bundesligisten zum Zweitliga-Absteiger?
Karlsruhe – Dass ausgerechnet im emotional so aufgeladenen Derby gegen den Erzrivalen 1. FC Kaiserslautern der Abstieg endgültig besiegelt werden könnte, ist für den Karlsruher SC und seine Fans doppelt bitter.
Noch im Juni 2015 war der Fußball-Zweitligist in der Relegation quasi in letzter Sekunde am Hamburger SV gescheitert. Fast genau 100 Wochen später droht dem Traditionsverein zum dritten Mal nach 2000 und 2012 der Sturz in die Drittklassigkeit. Der Rückstand des Tabellenletzten auf den Relegationsplatz 16 beträgt vor der Partie am Samstag vier Spiele vor Saisonende elf Punkte.
Die Gründe für den rasanten Niedergang sind vielfältig. Seinen Ursprung sehen viele in dem Trauma des verpassten Aufstiegs vor zwei Jahren. Vieles änderte sich danach rund um das Wildparkstadion. Die zuvor seit dem Amtsantritt von Trainer Markus Kauczinski wieder eingekehrte sportliche Gelassenheit war in ihren Grundfesten erschüttert worden. Leistungsträger wie Verteidiger Philipp Max und Torschützenkönig Rouwen Hennings verließen den Verein. Trotz Millioneneinnahmen konnten beide vom damaligen Sportdirektor Jens Todt nicht adäquat ersetzt werden. Todt arbeitet heute für den HSV.
Auch Kauczinski selbst, seit 2001 im Verein und Inbegriff der Bodenständigkeit, verlor bei Teilen von Fans und Verantwortlichen an Rückhalt. Trotz eines miserablen Auftakts in die Saison gelang es ihm 2016 noch einmal, den Trend umzukehren und sein Team auf Platz sieben der 2. Bundesliga zu führen. Doch Kauczinski, der den Weg des Clubs von der 3. Liga bis in die Erstliga-Relegation bestimmt hatte, wechselte im vergangenen Sommer zum Bundesligisten FC Ingolstadt 04. Dort wurde er aber nach wenigen Monaten beurlaubt.
In Dominic Peitz, Manuel Gulde und Daniel Gordon gingen beim KSC vor der laufenden Saison weitere Führungsspieler. Auch die Kommunikation zwischen Todt und Präsident Ingo Wellenreuther funktionierte nicht mehr. «Wir hätten uns besser nach der verlorenen Relegation gegen den HSV getrennt», erklärt Wellenreuther heute. Im erfolglosen Tomas Oral als Nachfolger von Kauczinski irrten sich beide.
Nach Todts Freistellung im November und der Entlassung von Oral wenig später setzte der neue Sportdirektor Oliver Kreuzer auf den erfahrenen Mirko Slomka. Doch auch der frühere Coach des HSV, von Schalke und Hannover fand keine Antworten auf den rasanten Absturz. Unter dem früheren U17-Trainer Marc-Patrick Meister hat der KSC nun nur noch eine theoretische Chance auf den Klassenverbleib.
Dabei wurde vor wenigen Monaten der Neubau des Wildparkstadions beschlossen. Die Kosten in Höhe von 113 Millionen Euro soll der KSC in großen Teilen über eine Pacht zurückzahlen. Nach der geplanten Fertigstellung 2020 darf er sich laut Finanzierungsplan aber nur ein Drittliga-Jahr pro Dekade leisten – sonst bricht das Modell zusammen.
Fotocredits: Marijan Murat
(dpa)