Esther Perbandt bei der Berliner Fashion Week
Berlin – Esther Perbandt steht zwischen den leeren Augen eines riesigen Totenkopfs, ihr Gesicht eine blasse Linie, ihre Kleidung schwarz. Das Licht ist schummrig, nur ab und zu tönt ein Schrei aus dem Bühnenraum. Die Schauspieler proben gerade neben dem Sternfoyer der Volksbühne.
Die Designerin hat für die
Berliner Fashion Week (17.-20. Januar) ein besonderes Programm. Sie zeigt ihre Entwürfe nicht auf dem Laufsteg, sondern in einer aufwendigen Bühnenshow mit Musik von Sven Helbig.
Präsentiert wird nicht von Models, sondern von «Charakteren». Dabei sind zum Beispiel ihr fester Freund und Volksbühnen-Schauspieler Alexander Scheer und die 76-jährige Mode-Ikone Vera «Veruschka» von Lendorff. Es gibt fünf Akte – Intro, Konventionen, Traum, Befreiung und Revolution.
«Mit meiner Kollektion will ich eine Geschichte erzählen», sagt Esther Perbandt, die in Berlin und Paris Mode studiert hat. Im Gespräch ist die 41-Jährige nicht mehr die kühle Frau in schwarzer Uniform, sondern schon fast mädchenhaft. Sie redet leise und klar, unterbricht sich immer wieder, um noch einmal nachzudenken. Als sei sie mit einer alten Freundin im Café.
Ihre eigene Mode-Geschichte begann mit der Verkleidungskiste im Kinderzimmer. Zusammen mit ihrer Schwester habe sie sich tagelang damit beschäftigen können, sagt Perbandt. Als sie acht Jahre war, schnitt sie sich die Haare ab und spazierte in Jungenkleidung mit einer Freundin im Arm durch die Straßen Berlins.
«Mit Geschlechterrollen zu kokettieren, ist eine Lebenseinstellung von mir geworden», sagt sie heute. Jedes Kleidungsstück, das die Berliner Designerin entwirft, ist für Männer und Frauen tragbar, heute ausschließlich in Schwarz, Weiß oder Grau.
Perbandt weiß genau, was sie will – und macht es auch, selbst wenn eine gigantische Show nicht unbedingt zu großem Absatz führt. Nach dem Krebstod ihrer Eltern habe sie sich gesagt: «Ich lebe so, als gäbe es kein Morgen.»
Keine Kompromisse einzugehen, heißt für sie aber auch, sich ihre Schau nicht sponsern zu lassen. «Es gab ein Jahr, da habe ich mich nur von chinesischen Tütensuppen ernährt, weil einfach nicht mehr Geld da war», erzählt sie.
Mit der schlechten Ernährung ist es inzwischen vorbei. Heute isst die Designerin roh-vegan. Ihr Label hat sich etabliert und wird immer bekannter. 2016 durfte sie ihre Kollektion auf der Modewoche in Los Angeles zeigen. In
Berlin sind ihre Shows schnell ausverkauft.
Und trotzdem. Das heutige Modegeschäft sei schwer, sagt sie. «Als ich 2004 meine erste Kollektion ausstellte, war in Berlin eine Aufbruchstimmung.» Die Einkäufer seien mutig, interessiert und neugierig gewesen.
Heute sei der Markt mit Labels überschwemmt. «Mein Glück ist, dass ich keine hohen Ansprüche an mein eigenes Leben habe», sagt Esther Perbandt. Sie brauche keinen Luxus, nur ab und zu Zeit zum Auftanken in ihrem «White Castle», ihrer kleinen Wohnung in Mitte, gleich neben ihrem Laden.
Und die
Berliner Fashion Week? Die sei nach wie vor großartig, sagt die 41-Jährige. Nirgendwo sei es möglich, so viel auszuprobieren und zu wagen wie in Berlin. «Wir werden niemals New York oder Paris sein. Aber das sollten wir nicht negativ, sondern als Chance sehen», sagt sie. So wie alles.
Fotocredits: Britta Pedersen
(dpa)