Trotzreaktion: Dortmunder Zaubertrio vertreibt den Frust
Dortmund – Aus beißender Kritik wurde überschwängliches Lob. Nur eine Woche nach seiner vielbeachteten Wutrede war Thomas Tuchel mit sich und seiner Mannschaft wieder im Reinen.
Zutiefst erleichtert und glänzend gelaunt kommentierte der Dortmunder Fußball-Lehrer den famosen Auftritt seiner Profis beim 4:1 (2:1) über Borussia Mönchengladbach: «Das war ein guter Neuanfang nach der Niederlage in Frankfurt». Fragen, ob seine Schelte zur Gala beigetragen habe, quittierte er mit einem lässigen Lächeln: «Das Thema war bei uns viel kleiner als es außen herum war.»
Angeführt von den Offensivkünstlern Pierre-Emerick Aubameyang (7./68. Minute), Ousmane Dembélé (64.) und dem glänzend aufgelegten dreifachen Torvorbereiter Marco Reus untermauerten die Dortmunder ihren Anspruch auf einen Champions-League-Platz. Dass auch Abwehrspieler Lukasz Piszczek (15.) traf, rundete die Vorstellung ab. «Wir sind heute so aufgetreten, wie wir das normalerweise von uns erwarten», sagte Reus. Leicht genervt fügte er an: «Und das hat nichts damit zu tun, was der Trainer vor einer Woche über uns gesagt hat.»
Erstmals stand Reus in dieser Bundesligasaison in der Startelf und deutete an, dass er die Borussia auf ein noch höheres Level heben kann – wie schon bei seinem 90-Minuten-Einsatz im verrückten 8:4-Torfestival gegen Legia Warschau eineinhalb Wochen zuvor. Hält der Trend an, dürfte der einstige Dauerpatient schon bald wieder ein Kandidat für Bundestrainer Joachim Löw werden. Doch bei aller Freude über das 4:1 konnte sich Reus mahnende Worte nicht verkneifen: «Wir müssen einfach mehr Kontinuität gewinnen», sagte er mit Verweis auf das von Tuchel noch in der Vorwoche monierte «stetige Auf und Ab in dieser Saison».
Die Gala macht Mut für das Endspiel um den Gruppensieg in der Champions League am Mittwoch bei Real Madrid, wo dem BVB schon ein Remis zur Verteidigung der Tabellenführung genügen würde. Zwar sprach Tuchel von einer «kompakten Leistung» des gesamten Teams, hob aber die Offensive hervor: «Das haben die drei Stürmer in der ersten Reihe überragend gut gemacht.»
Ein Sonderlob erhielt Dribbel-Ass Dembélé: «Das war eines seiner besten Spiele und ein großer Schritt für ihn». Nach zuletzt wechselhaften Auftritten deutete der erst 19 Jahre alte Franzose sein immenses Potenzial nun schon bereits zum dritten Mal in Serie an. Tuchel glaubt, dass die Rückkehr von Reus damit zu tun haben könnte: «Der Rucksack für Ousmane wird leichter, wenn Spieler wie Marco Reus Form und Ausstrahlung haben. Wenn solche Persönlichkeiten ihn ein bisschen tragen.»
Weniger euphorisch war die Laune von Nuri Sahin. Der von Tuchel zuletzt kaum berücksichtigte Mittelfeldspieler stand zwar endlich mal wieder in der Startelf, musste aber bereits in der 36. Minute wegen einer Knieverletzung durch Julian Weigl ersetzt werden. «Ich dachte, dass sich das rauslaufen könnte, aber es wurde von Minute zu Minute schlimmer», sagte der Türke.
Nicht nur der Kurzauftritt, sondern auch das Verhalten von Sahin nach dem Spiel dürfte Tuchel gefallen haben. Ungeachtet seines Ärgers über die Verletzung schlüpfte Sahin in die Rolle einer Leitfigur, die er zuletzt im Dortmunder Meisterjahr 2011 innehatte: «Ich habe den Jungs gerade im Kreis gesagt, dass wir nichts mehr zu verschenken haben. Bis zur Winterpause darf keiner mehr vom Gas gehen.»
Fotocredits: Guido Kirchner
(dpa)