60 Jahre Trabi: Faszination für das Kultauto ist ungebrochen

Zwickau – Sobald Frank Hofmann den Zündschlüssel herumdreht,

ist die Erinnerung wieder da. Das vertraute Knattern und der typische

Abgasgeruch des Benzingemischs können nur zu einem gehören – dem

Trabant.

Auch 60 Jahre, nachdem am 7. November 1957 mit dem «P50» in

Zwickau die erste «Pappe» vom Band lief, fasziniert das Auto mit dem

Kulleraugen-Gesicht. «Der Trabi ist einfach ein Auto, das sich

abhebt», sagt der Trabi-Fan, der selbst einen baligelben P 601 fährt.

Er muss es wissen. Jeden Tag teilt er seine Leidenschaft mit anderen

treuen Anhängern des Trabants, von dem bis 1991 rund drei Millionen

Stück gebaut wurden. Der Zwickauer ist Inhaber eines

Onlineversandhandels
Trabantwelt für Ersatzteile. Diese werden in

Kleinserien fabrikneu produziert.

Als er damit 2003 anfing, hätten ihm viele ein schnelles Ende

prophezeit, erzählt er. «Damals waren wir zu zweit und hatten drei

Kartons voller Teile im Keller stehen.» Heute vertreibt er 1500

Artikel von der kleinsten Schraube bis zum kompletten Trabi-Motor,

füllt damit drei Lager und beschäftigt acht Mitarbeiter.

«Der Trabant ist das Gegenteil unserer technisierten Welt von heute»,

schwärmt der Mittvierziger, dem es der Trabi seit Kindheitstagen

angetan hat. Es genügten wenige Kenntnisse, um das Kultauto selbst zu

reparieren, weil es technisch denkbar einfach aufgebaut sei.

Genau das war die Vorgabe des DDR-Ministerrats aus dem Jahr 1954:

Robust, sparsam und preiswert sollte der Kleinwagen sein. Weil Blech

in der DDR Mangelware war, entwickelten Konstrukteure die berühmte

Kunststoff-Karosserie aus Duroplast.

Aus welch einfachen Mitteln die «Rennpappe» entstanden ist, schildert

der inzwischen verstorbene Trabi-Chefkonstrukteur Werner Lang in

einer Dokumentation des Filmemachers Eberhard Görner, die im Frühjahr

Premiere feierte. «Wolle auf Asphalt – Das Experiment Trabant» lief

seitdem nicht nur in Programmkinos in Dresden oder Halle, sondern

zuletzt auch in der Schweiz. Selbst eine Einladung nach Texas gebe es

bereits, sagt Görner.

Das Interesse an dem Kultauto reiche längst über deutsche Grenzen

hinaus, bestätigt Frank Hofmann. Die Trabantwelt-Päckchen gehen

demnach nach England, Belgien, Ungarn, Russland, Australien und in

die USA. Einen Bremszylinder habe er sogar schon bis Namibia

verschickt.

Der Zweitakter gilt als Symbol für Sozialismus und Planwirtschaft.

Schon kurz nach seiner Erfindung trat die Staatsführung bei der

Weiterentwicklung auf die Bremse. Erst ab Ende der 80er wurde ein

Viertaktmotor von Volkswagen im Trabant verbaut – da war die DDR

jedoch fast am Ende und das übrige Auto bereits hoffnungslos

veraltet.

Für Hofmann zahlt sich der fehlende technologische Fortschritt heute

aus. «Ich brauche eigentlich keine Nummern aus der Zulassung, weil

das meiste zwischen 1958 und 1991 ohnehin deckungsgleich ist», so der

Trabantwelt-Chef. Die Lieferzeit hingegen habe sich dramatisch

verändert, meint er augenzwinkernd: Während DDR-Bürger im

Durchschnitt zwölf Jahre auf ihren Trabant warten mussten, hat der

Trabi-Fan von heute sein Ersatzteil bereits am nächsten Tag.

Mit aktuell rund 34 500 zugelassenen «Rennpappen» in ganz Deutschland

sei der Trabi nicht nur ein Ost-Ding, sagt Wolfgang Kießling. Er ist

Vorsitzender des
Internationalen Trabant-Registers. Der Verein hält

alle Markenrechte am Trabant und betrieb mit rund 20 Aktiven bis vor

wenigen Tagen eine mobile Trabi-Ausstellung. Diese muss nun aus

Kostengründen vorerst im Depot des Zwickauer August Horch Museums

unterkommen.

Kießling beobachtet vor allem unter jüngeren Menschen ein zunehmendes

Interesse, das sich nicht nur mit dem Nostalgiefaktor erklären lasse.

Das Kultauto sei auf dem Weg zum Oldtimer, den es möglichst

originalgetreu aufzubauen gelte. Eine Wertanlage sei der Trabant zwar

noch nicht. Doch für gut restaurierte Modelle wie den Trabant Tramp,

die zivile Variante des «Kübel» der DDR-Armee, würden bereits um die

10 000 Euro gezahlt.

An der Wiege des Trabant laufen indessen die letzten Vorbereitungen

für einen großen Auftritt des kleinen Stinkers: Das
August Horch

Museum
wurde erweitert und eröffnet am 10. November eine neue

Dauerausstellung. Drei Viertel der hinzugekommenen Fläche gehören

zukünftig allein dem Trabant, sagt Museumssprecherin Annett

Kannhäuser. 

Der allererste Trabi wird zwar nicht zu sehen sein, dafür aber die

Nummer 57 aus der Nullserie mit 150 Wagen. Über den Verbleib der

Fahrzeuge davor sei hingegen nichts bekannt. Nummer 57 rollte dafür

direkt vom Band ins Museum – denn die Geschichte des Kultautos wird

nun dort erzählt, wo der Trabi vor 60 Jahren im Werk II des VEB

Sachsenring losknatterte.

Fotocredits: Hendrik Schmidt,Sebastian Willnow,Hendrik Schmidt,Hendrik Schmidt
(dpa)

(dpa)
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