50+1 bleibt: Vereine gegen Regeländerung – Videobeweis kommt
Frankfurt/Main – Für milliardenschwere Scheichs oder Oligarchen bleiben die Tore im deutschen Profifußball weiter verschlossen, dafür hält der Videobeweis offiziell Einzug in die Bundesliga.
Die Vertreter der 36 Erst- und Zweitligisten votierten am 22. März auf ihrer Mitgliederversammlung mehrheitlich für die Beibehaltung der 50+1-Regel, die eine Komplettübernahme von Vereinen durch externe Investoren verhindert, und die reguläre Einführung des Video-Assistenten bei allen Spielen im Fußball-Oberhaus.
«Heute ist ein guter Tag, wenn man mit der 50+1-Regel eine positive Zukunft des deutschen Fußballs verbindet. Das kann sein, denn sie hat uns wirklich weit gebracht», sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert nach der knapp fünfstündigen Sitzung. Gleichzeitig gab er aber zu bedenken: «Wir werden sehen, ob es möglich ist, diese Regel und die damit verbundenen Ziele zu halten. Wenn das juristisch nicht hält, wäre es automatisch ein schlechter Tag.»
Zweitligist FC St. Pauli hatte in der Sitzung in einem Frankfurter Flughafen-Hotel den Antrag auf eine Grundsatzdebatte unter Beibehaltung der 50+1-Regel gestellt. 18 der anwesenden 34 Vereinsvertreter votierten dafür. Ein Trio beteiligte sich nicht an der Abstimmung, vier Vereine waren dagegen, neun Clubs enthielten sich. «Allen, die es gut mit dem Fußball meinen, gefällt diese Entscheidung. Es ist ein wichtiges Signal, das davon ausgeht», sagte Andreas Rettig, der Geschäftsführer des Hamburger Kiez-Clubs.
Die 50+1-Regel, die es nur im deutschen Fußball gibt, sichert den Stammvereinen eine Stimmenmehrheit in den Kapitalgesellschaften. Eine Ausnahmegenehmigung besitzen nur Bayer Leverkusen, 1899 Hoffenheim und der VfL Wolfsburg.
Zuletzt hatte Martin Kind, Präsident von Hannover 96, seine Bemühungen um eine Ausnahmeregelung auf Eis gelegt. Der Unternehmer kündigte nach dem Treffen an, seinen Antrag auf Übernahme der Mehrheit beim Bundesligisten trotz der Beibehaltung der 50+1-Regel vorerst weiter ruhen zu lassen. «Dabei bleibt es erstmal», sagte Kind der Deutschen Presse-Agentur: «Wir warten erstmal ab, was modifiziert wird.»
Darüber soll in den nächsten Monaten eine Grundsatzdebatte geführt werden. Im Mittelpunkt der Diskussionen dürfte stehen, wie die Regel noch rechtssicherer gemacht werden kann. Denn die DFL-Führung befürchtet, dass 50+1 einer juristischen Überprüfung nicht Stand halten könnte. «Sollten diese Bedenken, die das Präsidium geäußert hat, zutreffen, wird es die Aufgabe sein, die Werte des deutschen Fußballs ohne 50+1-Regel zu erhalten», sagte Seifert. Was er nicht sagte: Dies läge dann vielleicht nicht mehr in den Händen der Vereine.
Auch bei Rettig wollte bei aller Zufriedenheit keine Euphorie aufkommen. «Wir dürfen jetzt nicht die Hände in den Schoß legen und uns neuen Entwicklungen nicht verschließen», mahnte er. Für DFL-Präsident Rauball gehört die Regel zwar «zu den Grundsätzen, die den deutschen Fußball stark gemacht und in der Gesellschaft verankert haben.» Man müsse jetzt aber den juristischen Bereich abklopfen, um «Einschüsse zu verhindern».
Ein klares Meinungsbild gab es beim Thema Videobeweis. Nachdem der Weltverband FIFA das technische Hilfsmittel Anfang März in sein Regelwerk aufgenommen hatte, sprachen sich nun auch die Bundesligisten bei einer Enthaltung fast geschlossen für die reguläre Einführung im Oberhaus aus. «In dieser Saison hat der Video-Assistent bisher in 49 von 68 Fällen klare Fehlentscheidungen korrigiert und damit für Gerechtigkeit gesorgt», sagte Rauball.
Zudem wird die Nutzung einer virtuellen Abseitslinie ab der Spielzeit 2018/19 angestrebt. Dann bekommt auch die 2. Bundesliga den Videobeweis – allerdings erst einmal nur Offline. Der Einsatz in der Testphase wird keinen Einfluss auf den Spielbetrieb haben und komplett von der DFL bezahlt.
Fotocredits: Arne Dedert
(dpa)