426 Stimmen im Plus: Dietrich neuer Präsident des VfB

Stuttgart (dpa) – Nach seiner Wahl zum Präsidenten des VfB Stuttgart verzichtete Wolfgang Dietrich auf jegliche Jubelgesten.

Lediglich ein Lächeln huschte über das Gesicht des 68 Jahre alten Unternehmers, während er im Blitzlichtgewitter stand und neben viel Applaus auch laute Pfiffe und wütende Rufe über sich ergehen lassen musste. «Ich verspreche euch, dass ich alles tun werde, der Präsident aller zu sein. Auch von denen, die mich heute Spalter rufen – und die sich selber fragen sollten, wer eigentlich spaltet», rief Dietrich den rund 3000 Mitgliedern in der Hanns-Martin-Schleyer-Halle zu.

1689 Stimmen oder 57,2 Prozent für ihn, 1263 oder 42,8 Prozent gegen ihn – damit war der ehemalige Sprecher des Bahnprojekts Stuttgart 21 für vier Jahre zum Nachfolger des zurückgetretenen Bernd Wahler gewählt. «Ich danke für das Vertrauen», sagte Dietrich.

Mit einer sachlichen Rede mit dem Fokus auf Argumenten statt Emotionen hatte der einzige Kandidat zuvor um die Stimmen der Mitglieder geworben. «Lasst uns bitte der Verein sein, der nicht geschwächt aus einem Abstieg hervorgeht, sondern gestärkt», appellierte er.

Die Fans waren sich in den vergangenen Monaten nicht einig über die Qualitäten von Dietrich. Entsprechend durchwachsen wurde er mit Pfiffen, Buh-Rufen und Applaus begrüßt. Mit leidenschaftlichen, aber auch skurrilen Beiträgen wie dem von Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück versuchten die Fans ihre jeweilige Position zu stärken.

Den Frust über den sportlichen Niedergang der vergangenen Jahre bekamen ein weiteres Mal Vorstand und Aufsichtsrat zu spüren. Beiden Gremien verweigerten die Mitglieder die Entlastung. 52,1 Prozent der stimmberechtigten VfB-Anhänger entschieden sich gegen diesen formellen Akt zugunsten von Finanzvorstand Stefan Heim, Marketingvorstand Jochen Röttgermann und der inzwischen nicht mehr amtierenden Ex-Vorstände Robin Dutt und Bernd Wahler. Auch die Aufsichtsräte Wilfried Porth, Martin Schäfer, Hartmut Jenner und die zurückgetretenen Edoardo Garcia und Joachim Schmidt bekamen für ihre Arbeit im Jahr 2015 keine Entlastung (54,6 Prozent Nein-Stimmen).

Unmittelbare Konsequenzen ergeben sich aus einer verweigerten Entlastung nicht. Die Mitglieder halten dem Verein damit lediglich die theoretische Möglichkeit offen, Schadensersatzansprüche gegen die Vertreter der jeweiligen Gremien geltend zu machen. Der frühere VfB-Profi Hermann Ohlicher und Mercedes-Bank-Vorstand Franz Reiner wurden dagegen mit breiter Mehrheit in den Aufsichtsrat gewählt. Ohlicher verbuchte mit 84,9 Prozent Ja-Stimmen das beste Ergebnis.

Trotz der sportlichen Talfahrt im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete der VfB mit einem Plus von rund zwei Millionen Euro das zweite Mal nacheinander einen Gewinn. In der Bilanz erfasst ist allerdings nur die Hinrunde aus der Abstiegssaison. Der Umsatz machte von 107,7 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2014 zu 125,5 Millionen Euro 2015 einen deutlichen Sprung und war damit so hoch wie in den vergangenen fünf Jahren nicht mehr. Das Vermögen des VfB vergrößerte sich von 9,6 Millionen auf 11,6 Millionen Euro.

Stolz war Heim vor allem darauf, wie der VfB Stuttgart den Abstieg in die 2. Liga wirtschaftlich aufgefangen hat. In dieser Spielzeit muss der Club im Vergleich zur vergangenen Erstliga-Saison mit 43 Prozent weniger Einnahmen zurechtkommen. «Wenn man die Zahlen sieht, ist das mehr als gut gelungen», sagte Heim.

Fotocredits: Deniz Calagan

(dpa)
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